Flachbildschirme

Aufgeschobene Revolution

Revolutionär ist ein grosses Wort – aber im Zusammenhang mit TFT-Bildschirmen nicht verkehrt. Gemessen an den technischen Merkmalen der flachen Schönheiten sieht die Kathodenstrahlröhre alt aus. Trotzdem bleiben die Hersteller herkömmlicher Monitore nicht auf den Elektronenschleudern sitzen – die Preise für Flachbildschirme sind zu hoch.

Von Matthias Schüssler. Sie sind jung, sexy, begehrenswert und haben Formen, die die Herzen von Computerfans zum Schmelzen und die Äuglein zum Glänzen bringen. Alle sind sich einig: Diese Beauties sind eine Sünde wert. Trotzdem kein Grund für Verzweiflung oder Mauerblümchengefühle bei den Konkurrentinnen: Sie sind nach wie vor hervorragend im Rennen. Es ist wie im richtigen Leben. Die Schönsten sind einfach verflixt schwer zu kriegen!

Marktforschungen belegen es: Die Flachbildschirme kommen nur schwer in die Gänge. «Stanford Resources» hat entsprechende Erhebungen durchgeführt und prognostiziert, bis ins Jahr 2004 würden die herkömmlichen Bildröhren-Monitore die Oberhand behalten. Die Technologie ist absolut überlegen – aber die Preise sind es auch. Und deshalb zögern viele Käufer.

Weiterhin exklusiv

Während der Durchschnittskäufer ein Wechsel auf ein flaches Datensichtgerät weiterhin auf die lange Bank schiebt, kommt dem IT-«Jet-Set» diese Entwicklung recht gelegen: Flachbildschirme bleiben eine exklusive Sache, die eine zukunftsgerichtete Haltung, Weltoffenheit und einen Hauch von Science-Fiction vermitteln. Faktoren, die den Mehrpreis allemal rechtfertigen, wenn der Bildschirm in repräsentativem Umfeld zum Einsatz gelangt. Ein Flachbildschirm in einem Chefbüro, Präsentationsraum oder an einem Messestand macht sich allemal gut. Die bisher verkauften TFT-Monitore dürften vor allem in diesem Bereich zu finden sein – oder dort, wo beengte Platzverhältnisse herrschen: Wenn der Raum knapp ist, gibt man allemal ein wenig mehr aus für die kleinere Abmessung eines TFT-Monitors.

Keine Farbechtheit

Die grafische Industrie, welche traditionell recht viel Geld für Monitore ausgibt und oft auch Wert auf repräsentables Equipment legt, lässt im Moment noch die Finger von der TFT-Technologie: Die Farbechtheit der Bildschirme ist nicht gewährleistet – nicht akzeptabel für Bildprofis. Wie die dargestellten Farben beim Betrachter ankommen, hängt sehr vom Blickwinkel ab. Schuld daran ist die Notwendigkeit einer Hintergrundbeleuchtung. Abgesehen davon ist das TFT-Äquivalent zum Zwanzigzöller kaum bezahlbar und bewegt sich preislich im Kleinwagen-Segment.

Erwägt man die Anschaffung eines (Flach-)bildschirms, stellt sich als erstes die Frage nach der Grösse. Bei Flachbildschirmen gibt es eine recht grosse Palette erhältlichen «Durchmessern»; sie reicht von 11,8 Zoll bis zu 18 Zoll. Allerdings sind die Grössenangaben nicht direkt vergleichbar mit den entsprechenden Angaben bei Röhrenmonitoren. Bei den «Flachen» entspricht die angegebene Zahl der sichtbaren Diagonale, während sie bei den «Gewölbten» die Röhrengrösse bezeichnet, von der etwa ein Zoll abgezogen werden muss, um den Nutzdurchmesser zu erhalten. Ein entsprechender Vergleich bietet die folgende Tabelle:

Panel (Zoll) Röhre(Zoll)
12,1 14
13,8 15
14,5 16
15 17

Zu beachten ist weiterhin, dass die Flachbildschirme bei den möglichen Bild-Auflösungen weniger Spielraum bieten als die Röhrenmonitore. Bei den meisten TFT-Schirmen ist die empfohlene Auflösung auch gleich die maximale. Kathodenröhren sind hier sehr viel flexibler – bei höheren, aber auch bei niedrigen Auflösungen, die oft bei Spielen zum Einsatz kommen.

Eine Bildröhre kann auch bei einer Auflösung von 480×640 Pixeln die ganze sichtbare Fläche nützen, während ein TFT-Monitor ein solcher Modus entweder mit dickem schwarzem Trauerrahmen oder mit Treppcheneffekt anzeigt. Der Grund dafür: Ein TFT-Bildschirm besitzt eine fixe Anzahl von Pixeln. Jeder Bildpunkt eines LC-Displays besteht dabei aus drei Leuchtelementen für die drei Grundfarben Rot, Grün und Blau. Jedes Lechtelement wird direkt angesteuert. Bei passiven DSTN-Monitoren passiert das über eine Drahtmatrix, bei einem aktiven TFT-Panel über einen eigenen Dünnfilmtransistor («Thin film transistor», kurz TFT). Dadurch kann jeder Pixel direkt angesteuert werden, wodurch der Nachwisch-Effekt von passiven LCDs verhindert wird. Die grosse Menge an Transistoren ist aber auch der Grund für die nach wie vor hohen Preise der TFT-Monitore: Ein einziger defekter Transistor (von z.B. 2 359 296 bei einer Auflösung von 1024×768 Pixeln) auf einem TFT-LCD reicht aus, diesen unbrauchbar zu machen, denn niemand goutiert einen Pixel, der permanent in der falschen Farbe leuchtet.

Im Gegensatz dazu verursacht das Herstellen einer CRT-Röhre weniger Ausschuss. Ausserdem ist es der Kathode egal, ob der Elektronenstrahl ein paar Pixel mehr oder weniger auf den Schirm zeichnet, was zu der erwähnten, grösseren Flexibilität bei den möglichen Bildschirmmodi führt.

Ganz anders als die «Cathode Ray Tube» produziert ein TFT keine Konvergenz- und Geometriefehler. Weitere Pluspunkte sind geringes Gewicht, Unempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Feldern und weniger Wärmeabstrahlung.

Die Schärfe und Leuchtdichte von LCD-Monitoren sind ausgezeichnet, ebenso die Kontrastwerte. In Zahlen ausgedrückt: Ein herkömmlicher Monitor ist nur rund halb so hell wie ein flacher, nämlich 200 cd/m² gegenübr von 100 cd/m² (die Masseinheit nennt sich Candela oder cd pro Quadratmeter).

Auch beim Kontrastverhältnis trumpfen die LCD-Bildschirme auf: Werte von 100:1 sind gut, 200:1 grandios.

Mehr Bewegungsfreiheit

Bei einem Schwachpunkt haben die Flachbildschirme allerdings gewaltig aufgeholt: Bei dem Blickwinkel. Die Besitzer eines Modells der ersten Generation mussten absolut gerade vor dem Schirm sitzen, um überhaupt etwas erkennen zu können. Heute sind hingegen Blickwinkel von 90 bis 145° (horizontal) und 40 bis über 100° (vertikal) möglich. Die Technologien, die das ermöglichen, sind von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Fujitsu nennt ihres MVA («Multi Domain Vertical Alignment»), Hitachi IPS («Inplane-Switching-Technologie»).

Vorbei mit Flimmerkiste

Bei einem LC-Display verliert ein bei den Röhrenmonitoren entscheidender Faktor sehr an Bedeutung: die Bildwiederholfrequenz. Bei einem Röhrenmonitor sagt sie dem Käufer, ob er die Darstellung als flimmernd oder stabil empfinden wird. Bei den Flachbildschirmen ist das nicht so – die Bildpunkte leuchten dank direkter Adressierung konstant, wodurch die Notwendigkeit entfällt, sie periodisch aufzufrischen. Die Bildwiederholfrequenz sagt somit lediglich etwas darüber aus, wie schnell das dargestellte Bild auf Grafik-Änderungen reagieren kann. Deutlich ausgedrückt: Das Bild eines LC-Displays ist genauso flimmerfrei und kopfwehverhindernd, wenn es mit 56 Hz angesteuert wird, wie wenn die Grafikkarte 85 Hz liefert.

Digital-analoge Ungereimtheiten

Beim Betreiben eines LCD-Monitors ist ein Leerlauf zu beklagen, der damit zusammenhängt, dass ein Röhrenmonitor ein analoges Signal verarbeitet – und ein solches kommt aus jeder Standard-Grafikkarte. Ein LCD-Monitor verlangt dagegen digitalen Input. Somit wird von der Grafikkarte aus den digitalen Daten erst ein analoges Signal erzeugt, das in der Elektronik des TFT-Bildschirms wieder digitalisiert wird. Inzwischen gibt es TFTs mit digitalem Signaleingang, die mit speziellen Grafikboards verwendet werden können. Weil die hochgezüchteten Grafikboliden mit rasend schnellen 3D-Chips damit ausser Rang und Traktanden fallen, stösst die digitale Verkabelung bis jetzt noch nicht auf grosse Gegenliebe.

Ein Flachbildschirm sieht auf jedem Schreibtisch elegant aus, spart Platz und verbraucht weniger Energie als ein herkömmlicher Monitor.

Quelle: M+K Computer-Markt, Montag, 13. September 1999

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Thema: Marktübersicht
Nr: 315
Ausgabe: 99-10
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