Sicheres Browsen

Der Inkognito-Modus tut nur wenig für die Privatsphäre

Es herrschen grosse Missverständnisse, was der Modus fürs private Surfen bewirkt: Einen echten Schutz bringt er nicht – aber er ist für andere Dinge nützlich.

Matthias Schüssler

Der private Modus ist fürs Surfen im Schlafzimmer? Nicht ganz.

Das Missverständnis könnte kaum grösser sein: Eine Studie hat 2018 gezeigt, dass ein beträchtlicher Anteil der Internetnutzer ein falsches Verständnis vom Inkognito-Modus (auch privater Modus genannt) ihres Browsers haben. Forscher von den Unis in Chicago und Hannover haben 460 Internetnutzerinnen und -nutzer befragt und sind auf frappante Fehleinschätzungen gestossen: Zwar war einem Grossteil der Teilnehmenden klar, dass ihr Internetprovider die Aktivitäten auch im privaten Modus nachverfolgen kann. Doch 40,2 Prozent waren etwa der irrigen Meinung, mit ihm würde ihren Standort geheim halten. Und 22,6 Prozent vertraten die Ansicht, sie seien «vor der Regierung geschützt».

Doch der Inkognito-Modus tut nichts davon. Sein hauptsächlicher Nutzen besteht darin, dass am Computer oder Handy kein Verlauf aufgezeichnet wird: Wenn mehrere Leute dasselbe Gerät verwenden, ist die Gefahr gebannt, dass der eine über die Surf-Historie des anderen stolpert. An sich sollte der Modus auch verhindern, dass die Webbetreiber einen Nutzer oder eine Nutzerin über mehrere Web-Sessions hinweg verfolgen können. Zu diesem Zweck werden keine Identifikationsinformationen (die sogenannten Cookies) dauerhaft gespeichert. Doch diese Schutzfunktion wird heute ständig unterlaufen, da es neben den Cookies weitere Trackingmethoden gibt, die sich nicht im Browser blockieren lassen.

Gröbere Geschütze

Für echten Schutz der Privatsphäre braucht es die gröberen Geschütze. Dazu zählen eine VPN-App (mehr dazu erklären wir hier) und der Tor-Browser, der unter torproject.org zu finden ist. Beide Methoden verschleiern die IP-Adresse des Surfenden, indem die Kommunikation über Zwischenstationen läuft. Diese IP-Adresse ist zentral fürs Tracking und sie ist normalerweise sichtbar, gleichgültig, ob Sie privat oder normal surfen.

Eine VPN-App – hier vom Anbieter NordVPN – versetzt uns beim Surfen virtuell in ein anderes Land oder auf einen fremden Kontinent.

Ist der private Modus somit nutzlos? Nein – denn er lässt sich auch zweckentfremden und ist so im Alltag für mehrere Dinge nützlich:

Eine Website mit unterschiedlichen Konten nutzen

Nur wenige Websites erlauben es Ihnen, sich parallel mit mehreren Log-ins anzumelden. Wenn Sie sich mal beruflich und mal privat anmelden, dann erspart Ihnen der private Modus das Ausloggen: Im privaten Fenster melden Sie sich parallel mit Zweit- oder Dritt-Accounts an.

Falls Sie regelmässig mit mehreren Accounts arbeiten, dann ist der Firefox-Browser mit der Multi-Account-Container-Erweiterung eine grosse Hilfe: Mit ihr richten Sie sich mehrere Umgebungen z.B. für die Arbeit, privates Surfen und das Shopping ein und können jeweils getrennte Log-ins verwenden.

Ein Extratipp: Mit der Container-Erweiterung in Firefox richten Sie Umgebungen für diverse Zwecke ein.

Onlineshopping mit doppeltem Boden

Ein virtueller Einkaufsbummel bleibt nicht folgenlos. Noch Tage danach sehen Sie Werbebanner für Produkte, für die Sie sich interessiert haben. Das nennt sich «Retargeting». Es hat das Ziel, Sie doch noch zum Kauf zu bewegen, selbst wenn Sie ein Produkt bereits endgültig abgeschrieben haben. Dieses lästige Phänomen lässt sich durch den privaten Modus verringern. Ganz vermeiden können Sie es leider nicht, da es neben den Cookies wie erwähnt weitere Trackingmethoden gibt.

Da manche Shops auch die Preise personalisieren, kann es sich lohnen, ein Angebot über den privaten Modus zu überprüfen – vielleicht erhalten Sie so einen anderen Preis. Es gibt sogar den Tipp, für diesen Zweck ein günstiges Endgerät zu verwenden: Denn als Besitzerin oder Besitzer eines Apple-Geräts werden Sie als besonders solvent erachtet und extra zur Kasse gebeten.

Den Personalisierungen ausweichen

Viele Webangebote sind nicht für alle Nutzerinnen und Nutzer gleich, sondern werden personalisiert: Das gilt für die Resultate bei den Suchmaschinen genauso wie für die sozialen Medien oder Youtube. Der private Modus zeigt diese Website in einem neutraleren Licht.

Abschliessend der Hinweis, wo Sie den Modus finden: In Googles Chrome-Browser klicken Sie auf das Menü mit den drei Punkten und wählen «Neues Inkognitofenster». Bei Firefox betätigen Sie im Menü «Neues privates Fenster». Bei Apples Safari-Browser heisst der Befehl gleich und ist im «Ablage»-Menü zu finden. Beim Edge-Browser von Microsoft lautet der Befehl im Menü «Neues InPrivate-Fenster». Am Smartphone und Tablet findet er sich auf der Startseite, wenn Sie auf das Symbol für einen neuen Reiter tippen.

Der private Modus am Smartphone, hier in Google Chrome: In der Ansicht der offenen Reiter schalten Sie über die Menüleiste am oberen Rand via Symbol links um.
Foto: Screenshot schü

Bei Safari am iPhone und iPad ist der Privat-Modus mit den Tab-Gruppen kombiniert und in der Reiter-Übersicht über den Knopf am unteren Rand zugänglich.

In Firefox am Smartphone und Tablet schalten Sie in der Übersicht der offenen Reiter über die Leiste oben über das Masken-Symbol zum Modus «Privates Surfen» um.

Bei Microsoft Edge heisst der Modus «InPrivate» und ist links oben zu finden.

Quelle: Newsnetz, Freitag, 10. Februar 2023

Rubrik und Tags:

Link zum Original

Metadaten
Thema: SDL
Nr: 19558
Ausgabe:
Anzahl Subthemen:

Obsolete Datenfelder
Bilder:
Textlänge:
Ort:
Tabb: false