Katalog der KI-Apps

Was künstliche Intelligenzen alles können

Die KIs fluten das Netz, fast täglich gehen neue Anwendungen an den Start. Eine Übersicht gibt es auf einer Website – die Vielfalt ist erstaunlich.

Matthias Schüssler

Heerscharen von Bots sind im Anmarsch!

Die digitale Welt wird von einer invasiven Spezies heimgesucht. Das sind die künstlichen Intelligenzen (KIs). Oder, nüchterner formuliert, Apps, die mittels maschinellen Lernens ein Problem eigenständig lösen können.

Im letzten Jahr haben sie einen Medienrummel nach dem nächsten ausgelöst: Sie haben uns beeindruckt, weil sie auf Zuruf digitale Kunst erzeugen (Dall-e 2) oder als Autoren auftreten, die uns Menschen die Welt erklären (ChatGPT). Und eines ist uns klar geworden: KIs sind unglaublich selbstbewusst, selbst wenn sie völligen Blödsinn von sich geben.

2023 geht diese Revolution weiter. Und es könnte die Frage auftauchen, was diese Maschinen können – und was nicht. Eine Vorstellung davon gibt die Website «There Is an AI for That» (Theresanaiforthat.com). In Abwandlung von Steve Jobs’ berühmtem Bonmot, es gebe eine App für alles, liefert sie einen Katalog der künstlich klugen Anwendungen. Er ist chronologisch sortiert, sodass die neuesten Apps zuoberst stehen – und wir erahnen können, worum sich der nächste Hype drehen könnte.

Dall-e 2 hat im letzten Jahr die digitale Revolution ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Das maschinelle Lernen hat neben diesem Bildgenerator Hunderte weiterer Anwendungen hervorgebracht.

Und ja – das Angebot verschlägt mir den Atem: Eine der Neuerungen ist MusicLM. Das ist eine KI von Google, die anhand von zwei, drei beschreibenden Sätzen fertige Popsongs erzeugt. Der Input lautet zum Beispiel wie folgt: «Der Hauptsoundtrack eines Arcade-Spiels. Er ist rasant und peppig, mit einem eingängigen E-Gitarren-Riff.» Das Resultat klingt überzeugend und könnte jederzeit im Radio gespielt werden – anzuhören ist es hier.

Aus ein paar Zutaten zaubert die KI ein Rezept aus dem Hut

Vikara gibt Ernährungstipps für Leute, die abnehmen wollen (fürs iPhone). Auf Letsfoodie.com findet sich ein Generator für Rezepte. Dort zählen wir einige Zutaten auf und erhalten nach ein paar Sekunden ein extra für uns erzeugtes Rezept. Ich probiere es mit Kartoffeln, Sellerie, Wassermelone, Sojasauce und Mandeln, woraufhin die KI mir einen asiatisch angehauchten Wassermelonen-Salat vorschlägt – inklusive Zutatenliste und Anleitung für die Zubereitung. Wer es ausprobieren möchte: Hier ist es.

Das Stöbern in dem KI-Katalog jagt mir einen Heidenrespekt ein. Haben wir als Menschheit uns das gut überlegt, ob wir diesen Geist aus der Flasche lassen wollen? Vielleicht spendet ein Philosoph Zuversicht. Unter Philosophy.fyi lassen sie sich befragen. Was meint Sokrates zur möglichen Herrschaft der Maschinen? Er hält es für keine gute Idee, weil sie zu Fehlern neigen und keine Emotionen spüren. Und überhaupt «sind wir diejenigen, die sie überhaupt erst geschaffen haben».

«Kommt eine KI in eine Bar…»

Also, wir halten fest: Der Beruf des Philosophen ist nicht unmittelbar bedroht. Aber vielleicht derjenige des Komikers? Auf Punchlines.ai geben wir eine erste Zeile vor, worauf die Maschine uns einen Witz daraus bastelt. Also: «Kommen eine schwangere Frau, ein Atheist und eine künstliche Intelligenz in eine Bar …» Die KI schlägt drei mögliche Pointen vor. Die lustigste: «… sagt der Barkeeper: ‹Ich nehme, was Sie haben.›» Wir stellen fest: Auch Mario Barth muss vorerst nicht um sein Publikum fürchten.

Wenn die KI versucht, witzig zu sein…

Es gibt in der Tat kaum einen Lebensbereich, in den die KI nicht vorgedrungen ist. Watchnowai.com gibt Filmtipps. Fashion AI erklärt mir, wie ich als ewiger Jeans-und-Pulli-Träger modisch auf den Trichter komme. Replai.so beantwortet meine Tweets für mich. Ada gibt Karrieretipps. Cardiagnosis kennt sich mit Defekten bei Automobilen aus und schaut dem Garagisten auf die Finger.

Schwiegermütter sind nicht sehr erfreut

Und der Geschenkassistent (Giftassistant.io) gibt Tipps für passende Mitbringsel: für die Schwiegermutter, die Gesellschaft mag, bei einem Höflichkeitsbesuch – ein Blumenstrauss, Schokolade, ein gerahmtes Familienfoto oder eine Tasse mit einem anerkennenden Spruch. Darauf wäre ich indes auch selbst gekommen, obwohl ich nie zum Schwiegersohn des Jahres gewählt worden bin. Aber immerhin: Wenn die Tasse nicht auf Wohlwollen trifft, kann ich das der KI in die Schuhe schieben.

Natürlich gibt es auch eine KI, die beim Entwickeln neuer KIs hilft. Prisms.ai heisst sie, und sie soll auch Leuten auf die Sprünge helfen, die des Programmierens nicht mächtig sind. Keine Frage: Da kommt noch viel mehr auf uns zu. Doch so einschüchternd das auch sein mag: Wir Menschen werden uns der Maschinen erwehren. Indem wir uns lustig über sie machen – so wie CatGPT das tut: Das ist eine grossartige Parodie auf den besserwisserischen ChatGPT-Bot, die auch die tiefgründigste Frage mit einer Variante von Miau beantwortet.

Die Antwort ist ein Miau.

Quelle: Newsnetz, Donnerstag, 2. Februar 2023

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Thema: SDL
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