Neues Betriebssystem

Microsoft hat sein Windows-8-Trauma noch nicht überwunden

Für Version 8.1 gibt es ab dem 10. Januar 2023 keine Updates mehr, Nummer 7 ist endgültig am Ende. Wie geht es jetzt weiter?

Matthias Schüssler

Windows 8 stammt aus der Zeit, als Steve Ballmer noch der Chef war und die Ambition hatte, Apples iPad Paroli zu bieten.

Am Dienstag, 10. Januar 2023, endet ein Kapitel in der Geschichte von Microsofts Betriebssystem: Windows 8.1 wird in Rente geschickt. Für diese Version gibt es per sofort keine Sicherheitsupdates mehr. Das heisst, dass sie abgelöst werden muss.

Am selben Tag fällt auch der Vorhang für Windows 7. Diese seinerzeit populäre Version hat Microsoft für private Anwender bereits am 14. Januar 2020 aus dem Verkehr gezogen (wir haben berichtet). Geschäftskunden konnten sich bis jetzt gegen Bezahlung eine Fristverlängerung erkaufen, doch die läuft am 10. Januar ebenfalls aus.

Ist Windows 8.1 an dieser Stelle überhaupt noch eine Meldung wert? Der Marktanteil des Systems betrug im Oktober 2022 noch 2,45 Prozent. Das scheint nicht viel, macht global gesehen dennoch einige Millionen Computer aus. Bedeutsam ist das System aber vor allem, weil es für eine bewegte Zeit in Microsofts Unternehmensgeschichte und für grosse Ambitionen steht: Windows 8 und 8.1 sollten der Tatbeweis sein, dass auch in der Welt der Tablets und Smartphones Microsoft den Ton angibt.

Zu radikal für viele Nutzerinnen und Nutzer

Zu diesem Zweck hat Microsoft sein Betriebssystem radikal auf die Bedienung Touchscreen, Finger und Stift getrimmt – die klassische Bedienweise per Maus und Tastatur wurde zwar nicht abgeschafft, doch sie trat in den Hintergrund. Der Aufbruch in die neue Ära sollte sich auch beim Design manifestieren. Das Startmenü wurde beseitigt und durch eine vom Smartphone-Betriebssystem Windows Phone inspirierte Kachel-Umgebung ersetzt.

Zu Microsofts Tablet-Offensive gehörte nicht nur die neue Kachel-Optik von Windows 8, sondern auch die eigene Surface-Modellreihe.

Dieser Schöpfungswille hat sich nicht ausgezahlt: Das neue System war vielen Nutzerinnen und Nutzern zu extravagant. Das hat Microsoft zwar nicht offiziell eingeräumt, aber mit den nächsten Updates all die revolutionären Neuerungen wieder verschwinden lassen. Heute, bei Windows 11, ist nichts mehr von ihnen zu sehen. Der Mann, der den Anwendern diese Suppe eingebrockt hatte, hat sie nicht selbst ausgelöffelt: Steven Sinofsky, der seit 1989 für viele Produkte massgeblich verantwortlich war, hat wenige Wochen nach dem Start von Windows 8 seinen Hut genommen.

Microsoft riskiert nicht mehr viel

Windows 8.1 als etwas pflegeleichterer Nachfolger von Windows 8 hat Microsoft nicht den erhoffen Erfolg gebracht. Dennoch haben viele noch heute Respekt vor dem Mut zur Innovation, der damals sichtbar wurde. Bei Microsoft scheint hingegen eine andere Lehre hängen geblieben zu sein – nämlich, sich nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen. In den letzten zehn Jahren wurde alles vermieden, was die Nutzerinnen und Nutzer aus ihrem gewohnten Trott bringen könnte. Die Rolle des Avantgardisten hat der Konzern an den Nagel gehängt. Stattdessen führt er Neuerungen häppchenweise ein und orientiert er sich an dem, was sich bereits bewährt hat. Darum hat sich Windows 11 optisch stark den Smartphone- und Tablet-Konkurrenten aus der Apple- und Google-Welt angenähert.

Was Sie unternehmen müssen, wenn Sie noch Windows 8.1 verwenden

Microsoft liefert ab dem 10. Januar 2023 keine Sicherheitsupdates mehr für Windows 8.1 aus. Das bedeutet nicht, dass das System aufhört zu funktionieren. Doch da Sicherheitslücken nicht mehr geschlossen werden, ist der sichere Einsatz nicht mehr gewährleistet. Daran ändert auch das Antivirenprogramm eines Drittherstellers nichts: Wenn Softwarefehler nicht mehr behoben werden, die von einem Eindringling ausgenutzt werden können, können auch Virenschutz und Firewall nichts ausrichten.

Das heisst: Sie müssen das Betriebssystem ablösen. Sie können dazu auf Windows 10 oder 11 umsatteln, falls die Hardware das unterstützt. Bei Windows 10 stehen die Chancen gut, bei Windows 11 ist die Kompatibilität fraglich. Welche Voraussetzungen der Computer unterstützen muss, erklärt Microsoft hier für Windows 10 und hier für Windows 11.

Das neue Betriebssystem müssen Sie offiziell kaufen. Sie können beide Versionen für jeweils 160 Franken als Download in Microsofts Online-Store erwerben (hier gibt es Windows 10 und hier Windows 11). Inoffiziell scheint das Update auf Windows 10 weiterhin kostenlos möglich zu sein. Microsoft hat sein Umstiegsprogramm zwar 2016 eingestellt, aber die Installation scheint weiterhin mit dem Installationsprogramm zu klappen, das Sie hier gratis herunterladen können – wir haben das vor einiger Zeit erfolgreich ausprobiert und der Experte der Tech-Website «Zdnet» hat das im Dezember noch einmal überprüft.

Falls Ihr Computer neuen Windows-Versionen nicht gewachsen ist, können Sie die Gelegenheit für eine Neuanschaffung wahrnehmen. Die Alternative dazu ist ein weniger anspruchsvolles Betriebssystem, das nicht von Microsoft stammt. Infrage kommt eine Linux-Variante, zum Beispiel Mint (siehe hier) oder Chrome OS Flex von Google. Dieser Umstieg ist allerdings nicht trivial – lassen Sie sich von einem Computerprofi aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis helfen. (schü)

Seit Ende 2022 hat Microsoft diese Strategie der kleinen Schritte noch verstärkt: Anstelle der grossen Updates, die zweimal im Jahr neue Funktionen einführen, gibt es die sogenannten «Moment updates»: Neuerungen werden lanciert, wenn sie als «reif» erachtet werden – also aus Nutzersicht scheinbar zufällig. Ein Beispiel dafür sind die Reiter im Windows-Explorer, die im Oktober 2022 erschienen sind: Im Dateiverwaltungsprogramm lassen sich nun mehrere Ordner oder Laufwerke als Register in einem Fenster öffnen – genauso wie bei den Tabs im Browser.

Die Reiter im Windows-Explorer sind nach einem «Moment Update» im Betriebssystem aufgetaucht.

Einige der kommenden Neuerungen sind eine Taskbar, die im Tablet-Betrieb ohne Maus und Tastatur weniger Platz wegnimmt, ein überarbeiteter Suchknopf und Empfehlungen zur Reduktion des Stromverbrauchs in den Einstellungen sowie eine «Live»-Suche im Windows-Explorer, die passende Dateien schon während des Tippens im Hauptfenster anzeigt.

Den «Moment Updates» zum Trotz ist gerüchtehalber von Windows 12 die Rede: Von dieser Version ist nichts Offizielles bekannt ausser dem Code-Namen «Next Valley». Im November hat Microsoft für Spekulationen gesorgt, als an der Entwicklerkonferenz Ignite kurz ein Design zu sehen war, das von «Next Valley» stammen könnte. Auffällig bei dem ist, dass die Taskleiste nun etwas abgesetzt vom unteren Rand erscheint – genauso, wie wir es vom iPad und vom Mac her kennen.

«Next Valley» ist der Codename für die nächste Windows-Version. Bemerkenswert ist die Taskleiste, die dem Dock des iPads noch ähnlicher wird.

Quelle: Newsnetz, Mittwoch, 11. Januar 2023

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