Haben Sie den richtigen Fernseher?

TV-Geräte im Test Die Art und Weise, wie wir fernsehen, hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Vor der Fussball-WM beleuchten sechs prototypische Konsumenten die Vor- und Nachteile ihrer jeweiligen Empfangsmethode.

Matthias Schüssler und Rafael Zeier

1 Der traditionelle TV-Nutzer: Per Kabelnetz-Anschluss oder Box eines TV-Anbieters

Niemand empfängt heute sein Programm noch via Dachantenne. Im digitalen Zeitalter kommt es via Kabelnetz, Satellit oder per Internet auf den Bildschirm. Diese Empfangsmethode entspricht dem klassischen Fernseherlebnis am besten, das von den Liveevents lebt und demnach auch ideal für den Sport sein müsste. Doch Comparis-Experte Jean-Claude Frick widerspricht: «Fussball – abgesehen von den Spielen der Nationalmannschaft – und Eishockey sind praktisch komplett aus dem Free-TV verschwunden, und Formel 1 wird auch bald weg sein.» Dennoch behalte das klassische Fernsehen seine Berechtigung, erklärt Frick: Der herkömmliche Anschluss liefere die Übertragungen ohne Ausfälle, Verzögerungen oder stockende Bilder, und zwar auch dann, «wenn ganz viele Leute die WM-Tore gleichzeitig schauen wollen».

Und ein Vorteil bleibt auch die einfache Nutzung: Per Kabelnetzbetreiber, wie es bei Sunrise (nach der Übernahme von UPC 2021) im Grundabo enthalten ist, braucht der Nutzer für den Empfang bloss das Kabel am Fernseher einzustecken. (schü)

2 Die Streamerin und der On-demand-Konsument: Mit Smart-TV oder Internet-TV-Box

TV-Konsumentinnen und -Konsumenten, die ihre Inhalte am liebsten on demand von Streamingdiensten beziehen, können sich das Abo fürs Kabelnetz bzw. den Fernsehanbieter sparen. Denn für den gelegentlichen Empfang von Liveübertragungen oder die Replay-Nutzung reicht die App eines Anbieters von Wilmaa, Zattoo, Teleboy oder Yallo völlig aus. Die gibt es entweder kostenlos mit Werbespots des Betreibers oder gegen eine Abogebühr auch ohne die Zusatzwerbung.

Es bleibt aber eine Herausforderung, die Programme auf den Fernseher zu bringen: Zwar sind alle heute verkauften Fernseher «smart», d.h. über Apps erweiterbar, doch da es verschiedene Betriebssysteme für die smarten Fernseher gibt, sind nicht alle Apps für jedes Modell verfügbar. Am grössten ist die Kompatibilität bei Fernsehgeräten mit Android TV: In ihrem App Store sind fast alle Apps vertreten, die es auch für die Android-Smartphones gibt – bei anderen TV-Geräten wird das Angebot abseits von Netflix und den anderen grossen Streamingdiensten schnell dünn.

Bei so einem Modell können Sie sich mit einer Box behelfen: Schon ab knapp 40 Franken ist der Chromecast-Adapter von Google erhältlich, mit dem Sie Inhalte via Smartphone auf den Fernseher bringen. Eine Alternative dazu ist die Apple-TV-Box: Sie ist ab ca. 120 Franken erhältlich und hat einen eingebauten App Store – ausserdem hat sie im Gegensatz zu vielen Smart-TVs einen guten Ruf beim Datenschutz. (schü)

3 Flexibler Fernsehnomade: Mit Handy, Tablet oder Laptop

Der Fernseher hat zwar den grössten Bildschirm, aber fürs Fernsehen – egal ob live oder zeitversetzt – taugt inzwischen fast jedes internetfähige Endgerät. Entsprechend wird zunehmend häufig auch via Handy, Smartphone oder Tablet ferngesehen. Anbieter Zattoo hat in einer Umfrage für 2020 ermittelt, dass fürs Fernsehen via Internet am häufigsten der Laptop oder der PC, dann das Smartphone und erst auf Platz drei der vernetzte Fernseher zum Zug kommen.

Mit diesen Geräten kann jeder sehen, was er möchte; und das auch, wo er will: in der Küche, im Jugendzimmer und unterwegs. Wenn jeder seinen eigenen Bildschirm hat, muss die Familie erst gar nicht versuchen, sich auf ein gemeinsames Programm zu einigen. Mit mehr Individualismus gehen auch die Strassenfeger-Momente à la «Wetten, dass…?» oder «Benissimo» verloren. Allerdings verbessert sich womöglich die Lebensqualität in den eigenen vier Wänden: Es braucht den grossen Fernseher nicht mehr unbedingt, der Wohnzimmer dominiert und die Anordnung der meisten Möbel diktiert. (schü)

Kleiner, schneller und mehr Speicherkapazität

Apple hat im Oktober 2022 eine neue Version seiner Fernsehbox auf den Markt gebracht: Das war eine Überraschung, weil der Vorgänger erst gut seit einem Jahr erhältlich ist und Apple sich zuvor vier Jahre Zeit mit der Überarbeitung gelassen hat.

Dementsprechend sind die Änderungen beim neuen Apple TV (Modell 2022; manchmal auch Apple TV 4K der dritten Generation genannt) vergleichsweise gering: Die Box ist etwas kleiner geworden, sie hat einen schnelleren Prozessor, die Fernbedienung wird nun per USB-C und nicht wie bei älteren Modellen über ein Lightning-Kabel geladen, und die günstigere Variante hat nun so viel Speicherkapazität wie vorher die teure (64 GB). Generell sind die Preise günstiger geworden, sodass es sich lohnt, zum teureren 128-GB-Modell zu greifen, das 169 Franken kostet: Es hat auch einen Ethernet-Anschluss und unterstützt den Thread-Standard fürs Smarthome. Beide Funktionen fehlen beim billigeren Modell für 149 Franken.

Im Test navigiert die Box flink durch Filme und Apps – allerdings ist auch das Vorjahresmodell nicht langsam, sodass sich dieser Vorteil nur im Vergleich zu den älteren Modellen deutlich bemerkbar macht.

Die Beste – und Teuerste

Die Einrichtung erfolgt schnell und unkompliziert: Viele der Dritt-Apps müssen nicht mehr mühsam in Betrieb genommen werden, indem das Passwort über die Fernbedienung Buchstabe für Buchstabe eingetippt wird: Die meisten Apps erlauben das Log-in via Smartphone, wobei am Telefon nur noch ein kurzer Code eingetippt werden muss, der sicherstellt, dass auch das richtige Konto verbunden wird.

Fazit: Der Apple TV ist und bleibt die beste, aber auch die teuerste Fernsehbox am Markt. Die Integration in andere Apple-Geräte ist einwandfrei; zum Beispiel lässt sie sich einfach mit den Airpods-Kopfhörern verbinden, und via Audiofreigabe können zwei Leute gleichzeitig Apples Ohrstöpsel nutzen – diese Funktion wünschen wir uns auch für Kopfhörer von Drittherstellern. (schü)

Die neue TV-Box von Apple. Foto: Matthias Schüssler

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 16. November 2022

Rubrik und Tags:

Faksimile
221116 TA Seite 29.pdf

Die Faksimile-Dateien stehen nur bei Artikeln zur Verfügung, die vor mindestens 15 Jahren erschienen sind.

Metadaten
Thema: Aufmacher
Nr: 19446
Ausgabe:
Anzahl Subthemen:

Obsolete Datenfelder
Bilder:
Textlänge:
Ort:
Tabb: false