Jetzt ist aber mal genug!

Computer und Handy dressieren Mit diesen Strategien erreichen uns E-Mails und Benachrichtigungen nur dann, wenn wir sie benötigen – und lassen uns während Erholungszeiten in Ruhe.

Matthias Schüssler

Ein Menschheitstraum wurde wahr: Dank Smartphone und Internet sind wir immer auf dem Laufenden. Allerdings haben wir recht schnell gemerkt, dass es einen Preis hat, immer erreichbar zu sein: Die ständigen Nachrichten und Mitteilungen sind anstrengend und überfordern auch die Diszipliniertesten von uns. Die Techkonzerne haben das Stresspotenzial erkannt und sich Methoden ausgedacht, um ihre selbst geschaffenen Kommunikationsmonster zu bändigen. Das sind einige der Mittel, mit denen wir unsere Selbstbestimmung zurückerlangen:

— Mails zurückstellen

E-Mails und Chatnachrichten erwecken den Eindruck, als müssten sie sofort beantwortet werden. Das ist längst nicht immer der Fall – vor allem dann nicht, wenn eine geschäftliche Botschaft nach Feierabend eintrifft. Viele Mailprogramme und -Apps erlauben es Ihnen, eine Nachricht zurückzustellen: Sie geben an, wann Sie sich mit ihr beschäftigen wollen, woraufhin sie aus dem Posteingang verschwindet und erst zum angegebenen Zeitpunkt zurückkehrt.

Wenn Sie bei Gmail in der Übersicht eine Nachricht markieren, erscheinen am rechten Rand der Liste einige Symbole, unter anderem auch der Knopf fürs Zurückstellen. Bei Microsofts Maildienst Outlook.com klicken Sie eine Nachricht mit der rechten Maustaste an und wählen «Erneut erinnern». Bei Outlook unter Windows richten Sie mit der Tastenkombination «Ctrl + Shift + g» eine sogenannte Nachverfolgung ein.

Die Mail-App beim iPhone hat mit dem letzten Update (iOS 16) den «Erinnerung»-Befehl erhalten; das iPad wird demnächst mit iPad OS 16 zum Zug kommen. Der Befehl erscheint, wenn Sie in der Liste eine Nachricht von rechts nach links schieben und auf den Knopf mit den drei Punkten tippen.

— Chats entschleunigen

Bei Messenger-Apps gibt es die Möglichkeit zum Zurückstellen meist nicht. Sie können in vielen Apps eine Nachricht als ungelesen markieren: So vergessen Sie nicht, dass die Antwort noch offen ist, selbst wenn Sie sich nicht sofort darum kümmern mögen. Bei der Nachrichten-App am iPhone oder bei Whatsapp tippen Sie in der Übersicht einen Chat so lange an, bis das Kontextmenü erscheint, in dem Sie den Befehl «Als ungelesen markieren» betätigen.

— Nachrichten zu sinnvollen Zeiten senden

Die meisten Mail-Apps können Nachrichten inzwischen verzögert senden. Das erlaubt es Ihnen, Rücksicht auf Ihre Kommunikationspartner zu nehmen und nicht sofort eine Antwort einzufordern, selbst wenn Sie Ihr Mail zu einer Unzeit verfassen. Bei Gmail und Outlook.com betätigen Sie das nach unten zeigende Dreieck-Symbol am rechten Rand der «Senden»-Taste und dann den Befehl «Senden planen».

Auch bei iPhone und iPad gibt es eine Möglichkeit, Mails nicht sofort zu senden: Tippen Sie den blauen «Senden»-Knopf so lange an, bis das Menü erscheint, aus dem Sie eine der vorgegebenen Uhrzeiten auswählen oder via «Später senden» selbst einen Zeitpunkt festlegen.

— Benachrichtigungflut eindämmen

Die Benachrichtigungen sind eine zentrale Funktion bei Smartphone, Tablet und PC: Sie liefern uns genau im richtigen Moment die gerade benötigte Information – zumindest im Idealfall. Denn im Alltag sind diese Mitteilungen oft genug einfach nur ablenkend. Abhilfe schafft der «Nicht stören»-Modus, den inzwischen jedes Smartphone, Tablet und PC-Betriebssystem kennt. Diesen Modus schalten Sie bei Bedarf manuell ein, können ihn aber auch bei vielen Systemen automatisch aktivieren: Bei Windows gibt es in den Einstellungen bei «Benachrichtigungen» eine Option; bei Android legen Sie (bei neueren Modellen) den Schlafenszeit-Modus bzw. den Konzentrationsmodus fest, sodass Sie im Bett oder beim konzentrierten Arbeiten in Ruhe gelassen werden. Er findet sich in den Einstellungen bei «Digital Wellbeing & Jugendschutzeinstellungen».

Bei Apple-Geräten können Sie die Benachrichtigungen nicht nur stumm schalten, sondern auch nach Aktivitäten zulassen: Mit dem Fokus «Zeit für mich» lassen Sie Chatnachrichten von Ihren Freunden oder sozialen Medien zu, während die beruflichen Apps Sie in Ruhe lassen. Mit der Fokus-Einstellung «Arbeiten» ist es dann umgekehrt.

— Ablenkungen ausschalten

Eine Quelle von Ablenkung und Stress sind auch die Homescreens der Smartphones: Dort sehen wir nicht nur die Apps, die wir fürs Arbeiten brauchen, sondern auch Mittel und Wege zur Prokrastination. Und viele Apps zeigen sogenannte Badges an: Das sind die roten Kreise, die bei vielen Apps auf neue Mitteilungen und Informationen hinweisen.

Mit dem letzten Update hat Apple die Möglichkeit eingeführt, pro Fokus einen eigenen Homescreen einzurichten. Im Fokus «Arbeiten» erscheinen Ihre produktiven Apps, und mit der Einstellung «Zeit für mich» halten Sie Ihre Apps für Musik, Podcasts oder Videos parat – und den Homescreen für den Schlafmodus halten Sie komplett leer, bis auf die Uhren-App vielleicht. Sie stellen auch pro Fokus ein, ob die erwähnten Mitteilungsbadges angezeigt werden oder nicht: Wenn Sie sie abschalten, sehen Sie keine roten Kreise mehr, die Sie dazu verleiten, doch schnell die Geschäftsmails zu checken.

Bei Android haben Sie die Möglichkeit, den Launcher auszutauschen: Das ist die Software, die für den Homescreen zuständig ist. Es gibt einige Launcher, die auf Nüchternheit und Konzentrationsförderung setzen, beispielsweise Ratio, Sentien oder Before.

Immer online, sogar im Bett: Die ständigen Mitteilungen verleiten dazu, das Smartphone öfter in die Hand zu nehmen, als wir es eigentlich wollen. Foto: Yiu Yu Hoi (Getty Images)

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 19. Oktober 2022

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