Schüssler

Wie Sie Apps überwachen, die Sie überwachen wollen

Beim iPhone und iPad gibt es neu den Datenschutzbericht. Er gehört zu den Updates beim Betriebssystem, die Apple nicht an die grosse Glocke gehängt hat. Dabei tut diese Neuerung etwas Sinnvolles: Sie macht transparent, welche persönlichen Daten gesammelt werden – und von wem. Sie findet sich in den Einstellungen bei «Datenschutz › App-Datenschutzbericht». Die Analysen sind in verschiedene Kategorien gegliedert: Man sieht, wenn Apps Hardware-Funktionen wie die Kamera, das GPS oder das Mikrofon verwenden. Auch Zugriffe auf persönliche Daten wie die Kontakte, die Foto-Mediathek oder die Musiksammlung sind protokolliert: Erst als Übersicht und dann, wenn man es genau wissen möchte, in einer chronologischen Liste.

Der Datenschutzbericht schlüsselt auch die Netzzugriffe auf. Aufgeführt werden die angepeilten Domains. In dieser Liste finden sich natürlich die Websites, die Sie als Nutzerin oder Nutzer selbst via Browser oder über Apps angesteuert haben. Es sind indes auch die Adressen verzeichnet, die Websites oder Apps von sich aus aufrufen.

Der Datenschutzbericht ist aufschlussreich. Er zeigt auf, welche Apps ein besonders grosses Interesse an Nutzerdaten haben. In meinem Fall zeigt sich, dass Facebook ständig auf meine Fotos zugreift, obwohl ich nur sporadisch eigene Fotos veröffentliche. Das ist verdächtig, auch wenn aus dem Bericht die Absicht nicht hervorgeht. Trotzdem: Ich habe die Facebook-App so konfiguriert, dass sie keinen Zugriff auf meine gesamte Foto-Mediathek erhält, sondern nur auf explizit freigegebene Bilder. Diese Einschränkung lässt sich bei «Datenschutz › Fotos › Facebook» mit der Option «Ausgewählte Fotos» treffen. Nun muss ich zwar jedes Foto, das ich bei Facebook einstellen möchte, über «Ausgewählte Fotos bearbeiten» freigeben – aber das ist es mir allemal wert.

Die Interpretation der Protokolle ist nicht einfach. Um die richtigen Schlüsse zu ziehen, muss man sein eigenes Nutzerverhalten kennen. Denn nicht alle Apps, die ein besonderes Interesse an bestimmten Daten haben, sind automatisch «böse». Natürlich ist eine Navigations-App aufs GPS angewiesen – ebenso Foto-Apps, die Aufnahmen automatisch mit dem Standort versehen. Auch die Alertswiss-App greift andauernd auf den Standort zu. Das könnte misstrauisch stimmen, hat aber damit zu tun, dass einen jene Warnungen erreichen, die die Behörden für die geografische Region ausgegeben haben.

Doch was ist mit Outlook? Wieso ist Microsofts Mail-App sosehr an meinem Aufenthaltsort interessiert, dass sie ihn mitunter ein Dutzend Mal pro Tag abfragt? Das ist auffällig genug, dass ich diesem Programm probehalber in den Einstellungen bei «Ortungsdienste» den Zugriff auf meinen Standort entziehe. Sollte die Funktionsweise eingeschränkt sein, lässt sich der vorherige Zustand jederzeit wieder herstellen. Übrigens halten das iPhone und iPad auch die Option «Genauer Standort» bereit. Wenn man sie abschaltet, erhalten die Apps nur noch eine ungefähre Angabe, die das korrekte Funktionieren sicherstellen sollte, aber kein virtuelles Stalking erlaubt.

Sollte es Blockiermöglichkeiten geben? Der Datenschutzbericht verrät einiges über die Tracking-Aktivitäten der Apps: So ist ersichtlich, welche Apps das weitverbreitete Firebase-Modul von Google verwenden. Wenn einen das stört, lässt sich am iPhone oder iPad daran nichts ändern. Man kann geteilter Ansicht sein, ob Apple eine Sperrfunktion bereitstellen sollte. Die birgt die Gefahr, dass Apps nicht mehr funktionieren, wenn zu viel blockiert wird.

Trotzdem: Der Datenschutzbericht ist ein hilfreiches Instrument für die selbstbestimmte Smartphone-Nutzung und ein echter Mehrwert des iPhones gegenüber Android-Telefonen.

Matthias Schüssler ist Digitalredaktor der SonntagsZeitung.

Quelle: Sonntagszeitung, Sonntag, 28. August 2022

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