Schüssler

Droht Gefahr vom Kaspersky-Virenscanner?

Darf man russischer Software noch vertrauen? Seit dem Beginn der Ukraine-Invasion ist das eine brennende Frage bei Leserinnen und Lesern. Russische Programme sind hierzulande nicht verbreitet, mit einer grossen Ausnahme: Der Virenscanner von Kaspersky Lab steht gemäss Zahlen von 2021 auf Platz vier hinter Symantec, McAfee und Malwarebytes.

Meine Antwort war bislang, dass mir keine Belege dafür vorliegen, dass die Software nicht mehr zuverlässig ist. Doch der Entscheid für eine Sicherheitssoftware ist Vertrauenssache. Ein Produkt mit einem schlechten Gefühl zu nutzen, ist nicht sinnvoll – die Deinstallation dann der bessere Weg.

Könnte für Angriffe missbraucht werden
Doch diese Woche hat sich die Situation geändert: Das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat am Dienstag eine Warnung ausgesprochen. Die basiert zwar auch nicht auf konkreten Anzeichen, dass die Software durch staatliche Stellen oder Geheimdienste unterwandert ist. Aber weil die Software verschlüsselt mit dem Hersteller kommuniziert, wäre das möglich. Ein Hersteller aus Russland könnte selbst angreifen, zu Angriffen gezwungen oder ohne sein Wissen als Instrument in einem Cyberkrieg missbraucht werden, erklärt das BSI.

Kaspersky hält die Warnung des BSI für rein politisch und betont in einem Statement, dass die Datenverarbeitung nicht in Russland, sondern in zwei Rechenzentren in Zürich stattfinde und die Software von unabhängigen Experten überprüft und zertifiziert werde. Der Umzug von Moskau in die Schweiz war 2018 erfolgt, nachdem der damalige US-Präsident Trump den Behörden untersagt hatte, Kaspersky-Software einzusetzen. Zu diesem Konflikt gehört auch, dass Kaspersky ein NSA-Spionageprogramm entdeckt und das publik gemacht hatte.

Präventiv vorsorgen. Kasperskys Bemühen um Transparenz und Vertrauen wirkt glaubhaft. Dennoch hat sich mit der Invasion in der Ukraine die Situation grundlegend verändert. Die Warnung des BSI lässt sich nicht wegdiskutieren: Ein Schutzprogramm gegen Viren und Schadsoftware greift tief ins System ein und ist ständig aktiv. Es wäre ein idealer Kandidat für einen Cyberangriff. Die Software präventiv aus dem Verkehr zu ziehen, ist vernünftig.

Wenn Sie sich von Kaspersky trennen wollen, gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht: Zuerst die schlechte: Es ist wichtig, die Software sauber zu deinstallieren, weil Überbleibsel die Stabilität beeinträchtigen. Entfernen Sie das Programm über die Windows-Einstellungen bei «Apps› Apps und Features». Prüfen Sie, dass Sie alle Komponenten erwischt haben, weil Softwarepakete oft mehrere Einträge in der Liste haben.

Der eingebaute Virenscanner reicht völlig aus
Die gute Nachricht ist, dass Sie kein neues Produkt kaufen müssen. Der in Windows integrierte Scanner erfüllt den Zweck bestens. Sie müssen nach der Deinstallation des alten Virenscanners aber sicherstellen, dass er eingeschaltet ist: Geben Sie ins Suchfeld «Windows-Sicherheit» ein, öffnen Sie die gleichnamige App und prüfen Sie, ob bei «Virenund Bedrohungsschutz» ein grünes Häkchen steht.

Im Gegensatz zu Russland gibt es aus der Ukraine eine bunte Palette an Apps: Das Entwicklerstudio Readdle gehört mit seiner Kalender-App Calendars 5 und dem iPad-Dateimanager Documents zu den bekanntesten.

Vielen Mac-Anwendern ist Macpaw ein Begriff, ein Unternehmen aus Kiew, das unter Setapp.com eine grosse Anzahl von populären Mac-Apps zum Flatrate-Preis anbietet. Von Macpaw stammt auch Cleanmymac, ein Aufräum-Programm. Und auch wenn es eher in die Kategorie des digitalen Schlangenöls gehört, spricht nichts dagegen, es aus Solidarität zu erwerben.

Matthias Schüssler ist Digitalredaktor der SonntagsZeitung.

Quelle: Sonntagszeitung, Sonntag, 20. März 2022

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