Kampf gegen Netflix und Play Suisse

Swisscom-Kunden erhalten einen eigenen Streamingdienst

Streamingkrieg im helvetischen Format: Die Swisscom rüstet ihr TV-Angebot massiv auf. Dazu gibt es neue interaktive Möglichkeiten beim Sport und Live-Musikübertragungen.

Matthias Schüssler

«Zu viel des Besten» lautet der Werbeslogan für das neue Streamingangebot.

Die Swisscom hat heute diverse Neuerungen für die TV-Kunden vorgestellt. An der Medienveranstaltung im Kino Abaton in Zürich, das zur Blue-Dachmarke gehört, hat das Telecomunternehmen den Streamingdienst Blue Play lanciert. Er steht den Kunden mit einem Fernsehabo für Blue-TV (M, L oder X) per sofort kostenlos zur Verfügung – Nicht-Swisscom-Kunden können das Angebot nicht nutzen.

Zur Vorstellung hat die Swisscom einige Grössen aus der Schweizer Filmszene aufgeboten: Beat Schlatter, Michael Steiner, Luna Mwezi, Stefan Gubser, Leonardo Nigro und Samir haben in einem Videoeinspieler darauf hingewiesen, dass sie und ihre Produktionen per sofort über die neue Plattform zu sehen sind: «Platzspitzbaby», «Bruno Manser», «Wolkenbruch», «Moskau, einfach!» und «Zwingli» gehören zum Startaufgebot beim neuen Streamingdienst, insgesamt mehr als hundert Spielfilme aus der Schweiz.

Mehr «Tatort» als die SRG

Mit diesem Fokus auf Schweizer Produktionen will sich die Swisscom gegenüber Netflix positionieren, wo das helvetische Schaffen eher dünn gesät ist. Aber nicht nur: Sie zielt auch gegen die Streamingplattform Play Suisse, die die SRG im November 2020 aufgeschaltet hat. Der Hinweis an der Medienkonferenz, es gebe mehr als 300 Folgen «Tatort» zu sehen, dürfte gegen Play Suisse gemünzt gewesen sein: Auch die SRG hat die Krimiserie im Angebot, allerdings nur zwei Dutzend Folgen.

Mehr Schweizer Inhalte als Netflix – das neue Streamingangebot ist für TV-Kunden kostenlos.

Allerdings sind auch 300 «Tatort»-Folgen nur ein Bruchteil der inzwischen über 1100 Episoden – wodurch die Swisscom genau in dem Bereich dem eigenen Anspruch nicht ganz gerecht wird. Das erklärte Ziel von Blue Play sei die Ganzheitlichkeit, sagte Swisscom-Manager Dirk Wierzbitzki an der Medienveranstaltung: Das bedeutet, dass Serien als «Boxset», das heisst in vollständigen Staffeln, zur Verfügung stehen. Rein quantitativ ist Blue Play auf alle Fälle bemerkenswert: Es gibt zu Beginn 18’000 Filme in drei Sprachen und 2000 Kinderfilme. Fünf Prozent der Inhalte sollen exklusiv bei der Swisscom zu sehen sein, darunter die Thrillerserie «Roadkill» und «The North Water», die teuerste BBC-Produktion aller Zeiten. Ob der neue Werbeslogan «Zu viel des Besten» dem gerecht wird, darf allerdings bezweifelt werden.

Alte Set-Top-Boxen bis 2022 ausrangieren

Die Swisscom hat an der Medienkonferenz auch angekündigt, die alten Set-Top-Boxen, die ab 2014 an die Kunden abgegeben worden sind, bis Ende 2022 komplett austauschen zu wollen, das betrifft rund 400’000 Kunden. Die Box wird auch im Bereich des Smart Home wichtiger; etwa die Hälfte der Kunden würden mit der Box auch vernetzte Geräte wie Lampen oder Haushaltsroboter steuern.

Bis 2022 sollen alle Kunden die neue Set-Top-Box verwenden. Inhalte lassen sich auch über Smartphones und Tablets abrufen.

Claudia Lässer, die Chefin des Sportangebots, konnte ebenfalls Neuerungen ankündigen: Beim Livesport gibt es nun einen interaktiven Player, der automatisch die wichtigen Szenen eines Spiels markiert und es erlaubt, diese direkt per Fernbedienung anzusteuern. Das macht es einfach, Torszenen, Fouls, gelbe und rote Karten oder übers Feld rennende Flitzer Revue passieren zu lassen: Mit dem Player verschaffen sich Zuschauer in Eigenregie einen Überblick über alle Partien von Interesse.

Die letzte Neuerung namens Blue Music findet in Zusammenarbeit mit den Schweizer Musikfestivals statt. Diverse Festivals werden live übertragen, ausserdem soll es Backstage-Hintergrundberichte geben. Als langjähriger Sponsor solcher Veranstaltungen kann die Swisscom auf breite Unterstützung zählen: Das Gurtenfestival, die Open Airs Frauenfeld, Gampel und Lumnezia, das Montreux Jazz Festival, das Paléo Festival Nyon, Moon&Stars und Out in the Green sind mit dabei. Ausserhalb der Festivalsaison wird es Wiederholungen und andere Konzertübertragungen zu sehen geben.

365 Tage pro Jahr Musik – so verheisst es dieses Werbevideo der Swisscom.
Foto: PD

Quelle: Newsnetz, Dienstag, 26. Oktober 2021

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