E-Mail-Newsletter

Ein uraltes Kommunikationsmittel ist plötzlich wieder hip

Newsletter gab es schon in den 70er-Jahren. Doch derzeit erleben sie einen Boom, sodass nach Facebook und Twitter nun auch Google auf den Geschmack kommt.

Matthias Schüssler

Sie gehören zu den Vorreitern des Booms: «The Skimm» beweist, dass sich via E-Mail ein Millionenpublikum erreichen lässt. Im Bild die beiden Gründerinnen Carly Zakin (links) und Danielle Weisberg bei ihrer Teilnahme an einer Konferenz im April 2017.

Verblüffend, aber wahr: Der E-Mail-Newsletter gibt es deutlich länger als das Web. Das allererste Massenmail wurde am 3. Mai 1978 über das Arpanet abgesetzt. Das war der Vorläufer des Internets, über das auch elektronische Postzustellung möglich war, seit Informatiker Ray Tomlinson 1971 das E-Mail erfunden hatte.

Urheber der Verteilernachricht war Gary Thuerk. Er wollte für den Computerhersteller Digital Equipment Corporation (DEC), damals der zweitgrösste Anbieter solcher Systeme hinter IBM, Kunden für einen neuen Grossrechner begeistern. Thuerks Absicht war es, 600 Nachrichten zu verschicken. Doch aufgrund technischer Limitationen wurden effektiv nur 320 Nachrichten versandt.

Aus dieser Zeit stammt das erste Massenmail: Das ist das Decsystem-20, das Gary Thuerk in seinem Aussand beworben hat.

Trotzdem war es ein durchschlagender Erfolg: Thuerk hat mit seinem Werbemail einen Umsatz von mehr als zwölf Millionen US-Dollar generiert. Und da Gary Thuerk nicht um Erlaubnis für seinen Mailversand gefragt hat, fällt ihm auch die zweifelhafte Ehre zu, das Spam-E-Mail erfunden zu haben. Denn auch 1978 fühlten sich Leute durch die unangeforderte Botschaft belästigt.

Doch was Thuerk 1971 bewiesen hat, gilt heute noch: Newsletter sind eine effektive Kommunikationsform. Mit ihr lassen sich mehr Leute erreichen als über die sozialen Medien – zumindest, wenn man es richtig macht: wenn man Nachrichten nicht ungefragt versendet und nützliche Informationen zu bieten hat.

Newsletter für bezahlte Inhalte

Genau das ist der Anknüpfungspunkt, bei dem gleich drei Techunternehmen dabei sind, ins Newsletter-Geschäft einzusteigen. Facebook, Twitter und jüngst Google wollen Journalisten, Medienhäusern und unabhängigen Experten Werkzeuge an die Hand geben, um ihre Inhalte ans Publikum zu bringen – und zwar in die Mailbox, auch gegen Bezahlung. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Leserinnen und Leser erhalten die Informationen automatisch zugestellt, und Newsletter lassen sich auch personalisieren.

Bei Google Museletter sollen Dokumente via Google Drive veröffentlicht werden.

Google hat sein Newsletter-Werkzeug Museletter letzte Woche angekündigt. Es ist an Googles Dokumenten-Cloud Drive angebunden und versendet ein dort deponiertes Dokument an die Empfänger. Über das Newsletter-Werkzeug von Facebook hat die «New York Times» im Januar berichtet: Es ist Teil von Facebooks Journalism Project, das den Qualitätsjournalismus unterstützen und die Beziehung der Medienleute und ihrer Community festigen soll. In beiden Fällen sind kostenpflichtige Abos geplant; allerdings stecken beide Projekte noch in der Entwicklungsphase.

Newsletter-Abos direkt aus Twitter

Am weitesten gediehen sind Twitters Pläne. Der Mikroblogging-Dienst hat ebenfalls im Januar 2021 das niederländische Start-up Revue übernommen, das mit sechs Angestellten direkt in Twitter Newsletter-Abos anbietet. Seit der Übernahme durch Twitter können Anbieter gratis einen Newsletter starten. Bei einem bezahlten Versand nimmt Revue einen Anteil von fünf Prozent.

Diese Initiativen sind ein Zeichen dafür, dass Massenmails den durch die Spam-Flut der Nullerjahre verschuldeten schlechten Ruf abschütteln konnten und zum journalistischen Medium avancieren. Ein Beispiel ist «The Skimm»: Dieser bezahlte Newsletter, der sich an junge urbane Frauen richtet, hat mehr als sieben Millionen Abonnentinnen.

Quelle: Newsnetz, Dienstag, 21. September 2021

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