Apples neue Prozessoren

Ein Laptop, zwei Perspektiven

Unsere Autoren nutzen sonst teure Profi-Laptops und iPads. Nun haben beide das neue Macbook Air mit dem neuen Apple-Prozessor ausprobiert – und haben gestaunt.

Matthias Schüssler, Rafael Zeier

Erste Erfahrungen: Das fällt dem Mac-Profi auf

Als das neue Macbook Air ausgepackt war, befanden sich meine Erwartungen an einem Tiefpunkt. Denn neben meinem inzwischen vierjährigen Macbook Pro platziert, sehen sich die beiden Geräte zum Verwechseln ähnlich. Erst wenn man ganz genau hinschaut, entdeckt man überhaupt Unterschiede: Das neue Macbook Air hat keine Touchbar und nur zwei USB-C-Anschlüsse statt vier. Und das Profil des Air ist nach wie vor keilförmig, während das Macbook Air überall gleich tief ist. Beim Tippen fällt auf, dass die Tastatur einen satteren Anschlag hat. Aber an dieser Stelle war eine Verbesserung unumgänglich gewesen. Denn die Tastatur des älteren Notebooks ist derartig fehleranfällig, dass Apple ein kostenloses Austauschprogramm starten musste.

Zwischen diesen beiden Laptops liegen vier Jahre.

Das soll der Fortschritt sein, den Apple an der Veranstaltung von Anfang November in den höchsten Tönen gelobt hat? Ein Computer, der exakt genau gleich aussieht wie der vor vier Jahren? Die Hersteller in der Windows-Welt haben in dieser Zeit den Rand um den Bildschirm verkleinert, die Nutzungsmöglichkeiten als Tablet perfektioniert, mit grossen Touchscreens oberhalb der Tastatur experimentiert, 5G eingebaut oder einen Schalter in die Webcam integriert, sodass die auf keinen Fall unerwartet angeht. Apple hat sich darauf beschränkt, den Prozessor im Macbook zu loben – wie schnell er sei, wie lange die Batterie mit ihm halte. Doch für Leute, die nicht täglich 4k-Videos schneiden, sind auch die aktuellen Laptops schnell genug. Denn im Alltag ist nicht die rohe Rechenleistung ausschlaggebend. Entscheidend ist das, was die Software daraus macht.

Mit dem Drücken des Einschaltknopfs verfliegen die Vorbehalte nicht komplett, aber doch zu einem grossen Teil: Apples neues Einsteiger-Notebook startet deutlich schneller als das vierjährige Profigerät, und im direkten Vergleich fühlt es sich mindestens ebenso agil an. Eine grosse Überraschung ist, wie gut sich mit den alten Programmen arbeiten lässt. Sie sind nur ausführbar, weil ein spezielles Modul namens Rosetta 2 ihnen einen Intel-Prozessor vorgaukelt. Diese sogenannte Emulation kostet viel Rechenleistung; doch beim Firefox-Browser oder bei Word aus Office ist das nur beim ersten Start spürbar, danach komplett irrelevant. Das spricht für den M1 – und für die Arbeit, die Apple in einen möglichst reibungslosen Übergang von Intel zu Apples eigenen Prozessoren investiert hat.

Immerhin: Die Tastatur des neuen Macbook Air ist ein Fortschritt – bei ihr klemmen nämlich keine Tasten mehr.

Das neue Macbook Air ist ein brauchbarer Alltags-Laptop mit guten Leistungsdaten und einer hervorragenden Batterielaufzeit. Aber vor allem ist es ein Katalysator, der die Entwicklung beim mobilen Computing beschleunigen wird. Die Konkurrenz muss sich herausgefordert fühlen: Microsoft bastelt seit zehn Jahren ohne nennenswerten Erfolg an einer Windows-Variante für die stromsparende ARM-Prozessorarchitektur herum – und jetzt kommt Apple und führt vor, wie man es richtig macht. Intel seinerseits muss sich Gedanken über die Zukunft machen: einerseits natürlich, weil mit Apple ein Kunde wegfällt. Aber vor allem, weil die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass die Konkurrenzplattform ARM nun dank Apple einen zusätzlichen Schub erfährt.

Das wird einen Innovationsschub zur Folge haben. Und der wird sich nicht nur in schnelleren Geräten mit längerer Batterielaufzeit zeigen, sondern auch in neuen Designs und Konzepten, die wir jetzt noch gar nicht vor Augen haben. Die Laptop-Zukunft für die nächsten fünf Jahre verspricht spannender zu werden, als sie es in den letzten zehn Jahren war.

(Matthias Schüssler)

Von aussen sieht man dem Macbook Air nichts an. Es sieht aus wie immer. Doch im Inneren steckt nun ein deutlich schnellerer und effizienterer Prozessor.

Quelle: Newsnetz, Dienstag, 1. Dezember 2020

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