Tipps zum Online-Nachschlagewerk

So nutzen Sie Wikipedia noch besser

Das freie Lexikon ist in den letzten zwanzig Jahren kaum moderner und nutzerfreundlicher geworden. Mit unseren Tricks lesen Sie komfortabler, recherchieren besser und klären die Vertrauenswürdigkeit eines Eintrags.

Matthias Schüssler

Wikipedia steuert seinen zwanzigsten Geburtstag an. Am 15. Januar 2001 ging das Lexikon online, und in den letzten beiden Dekaden ist ihm der Schnauf nicht ausgegangen. Im Gegenteil: Die Zahl der Beiträge ist in einer beeindruckenden Konstanz gewachsen, auf inzwischen über 53,7 Millionen in 300 Sprachen.

In einer Sache hat Wikipedia Nachholbedarf: Die Website sieht inzwischen etwas angestaubt aus. Am Desktop-Bildschirm verhält sie sich eher schwerfällig, und auf dem Handy ist die Lesbarkeit nicht ideal. Ein neues Design soll das Manko beheben. Man kann das bereits bei der französischen Sprachvariante sehen. Bei den anderen Ausgaben wird es in den nächsten Monaten auftauchen.

Bis dahin gibt es eine Reihe von Tipps und Tricks, mit denen das Onlinelexikon komfortabler genutzt werden kann.

Mehr Komfort auf dem Smartphone

Fürs Smartphone und Tablet gibt es Apps, die nicht nur das Lesen angenehmer machen, sondern eine Reihe von Zusatzfunktionen bieten. Es gibt eine offizielle App, die von der Wikimedia Foundation herausgegeben wird: Das ist die Stiftung hinter Wikipedia. Diese App gibt es kostenlos fürs iPhone und für Android. In der Artikeldarstellung dürfen Sie Schriftgrösse und Farbe für Schrift und Hintergrund einstellen. Sie können den Verlauf mit den besuchten Einträgen einsehen und Beiträge auf dem Gerät speichern: Die stehen Ihnen auf dem Smartphone auch offline, das heisst ohne Internetverbindung zur Verfügung.

Die Wikipedia-App stellt den Text lesefreundlich dar und speichert Beiträge für den Offlinegebrauch auf dem Smartphone.
Screenshot: schü

V for Wiki: Diese App ist elegant und hat viele Extrafunktionen: Zum Beispiel eine hübsche Darstellung der Objekte in der näheren Umgebung, die auf Wikipedia beschrieben sind.
Screen: schü.

Es gibt auch Wikipedia-Apps von Drittherstellern. Eine mit viel Liebe zum Detail entwickelte App ist V for Wikipedia (5 Franken fürs iPhone): Sie zeigt Beiträge überaus lesefreundlich an; mit der Möglichkeit, die Darstellung anzupassen. Es gibt eine komfortable Funktion, um auf der Seite zu suchen (was in der Darstellung im Browser schwierig ist, weil die Unterkapitel standardmässig eingeklappt sind). Die App erlaubt es Ihnen, zwischen den Kapiteln des Beitrags zu navigieren, einfach auf eine andere Sprachversion umzuschalten und Lesezeichen zu Lieblingsbeiträgen anzulegen. Und im Verlauf sehen Sie die zuvor gelesenen Beiträge.

Beide Apps zeigen auch die Beiträge an, die sich auf Objekte in der näheren Umgebung beziehen.

Am PC angenehmer lesen

Wikiwand.com gibt Wikipedia am Desktop-Computer ein modernes Aussehen: Die Menüleiste und Navigationselemente werden ausgeblendet. Stattdessen erscheint am linken Rand eine Leiste mit dem Inhaltsverzeichnis des Artikels, über die Sie die einzelnen Kapitel direkt ansteuern. Über die Leiste, die am oberen Rand der Seite erscheint, dürfen Sie Schriftart und -grösse, Layout, Farben und Darstellung Ihrem Geschmack anpassen. Über die Leiste wechseln Sie zu einer Sprachversion und führen eine Suche durch.

Wikiwand gibt dem Lexikon fürs Lesen am grossen Bildschirm einen modernen Anstrich – mit praktischem Inhaltsverzeichnis am linken Rand.

Um Wikiwand zu verwenden, installieren Sie für den Firefox- und den Google-Chrome-Browser die dazugehörende Erweiterung: Sie landen bei Wikipedia-Artikeln dann automatisch auf der modernen Ansicht. Es geht aber auch ohne Erweiterung: Suchen Sie auf Wikiwand.com nach einem Thema, in das Sie sich vertiefen möchten – sollte die englischsprachige Variante erscheinen, schalten Sie in der Leiste oben rechts auf Deutsch um.

Notizen anbringen

Wenn Sie Wikipedia am Computer benutzen, finden Sie im Menü links den Befehl «Als PDF herunterladen». Mit ihm speichern Sie den aktuellen Beitrag als Datei und können ihn daraufhin mit Notizen versehen. Es ist auch möglich, Passagen mit einem virtuellen Leuchtstift hervorzuheben.

Wikipedia-Artikel lassen sich als PDF-Artikel herunterladen und mit Hervorherbungen und eigenen Notizen versehen.

Am Mac verwenden Sie zu diesem Zweck das Programm Vorschau: Es hält die Befehle zum Markieren und Kommentieren im Menü bei «Werkzeuge > Anmerken» bereit. Mit Windows verwenden Sie den PDF-Reader von Adobe. Rudimentäre Markierungsfunktionen gibt es auch in Edge, dem Browser von Windows 10.

Ein eigenes Wikipedia-Buch

Am Desktop-Computer gibt es die Möglichkeit, mehrere Artikel zu sammeln. Klicken Sie zu diesem Zweck in der Menüleiste auf «Buch erstellen». Vergeben Sie einen Titel und Untertitel für Ihr Buch und wählen Sie Seitengrösse und Spalten. Wenn Sie nun auf Wikipedia unterwegs sind, erscheint am Anfang eines Artikels ein Kästchen für den Buchgenerator. Über dieses fügen Sie Artikel Ihrem Buch hinzu.

Individuelle Wikipedia-Beiträge in gedruckter Form: Die Auswahl, Reihenfolge und Gliederung nach Kapiteln kann man selbst bestimmen.

Über «Buch zeigen» gelangen Sie zu einer Übersicht mit allen gesammelten Beiträgen, die Sie sortieren, ergänzen oder auch bereinigen können. Sind Sie fertig, haben Sie eine Bestellmöglichkeit für die gedruckte Ausgabe als Paperback oder Hardcover, das inklusive Versand ab ca. 15 Euro erhältlich ist.

Die praktische Möglichkeit, das Buch in digitaler Form für E-Book-Lesegeräte herunterzuladen, funktioniert seit einiger Zeit leider nicht mehr.

Das ganze Lexikon mit dabei

Auf Kiwix.org findet sich ein Programm, mit dem sich Datenbestände von Wikipedia auf den Computer oder das Smartphone herunterladen lassen. Daraufhin stehen sie offline, das heisst ohne Internetverbindung, zur Verfügung. In der Reader-App unter «All Files» finden sich diverse Datenquellen: beispielsweise das «Klexikon», ein Lexikon für Kinder, die auf der Wikipedia-Software basierende Rezeptesammlung Kochwiki.org, der gesamte Bestand von Wiktionary, dem zu Wikipedia gehörenden freien Wörterbuch, oder die wichtigsten Lexikonbeiträge zu Sport, Chemie, Geschichte, Kino, Klimawandel, Geografie oder Computer – oder ein Best-of mit den wichtigsten 50’000 deutschsprachigen Beiträgen.

Die Grösse der Downloads variiert natürlich stark nach Umfang. Wikipedia in Deutsch ohne Bilder ist 12 GB gross, mit Bildern und Text in Englisch kommt man auf 93 Gigabyte.

Mit dem Kiwix-Leseprogramm lassen sich Teilbestände von Wikipedia und andere auf der Wiki-Software basierende Informationssammlungen auf den Computer oder das Smartphone herunterladen.

In Wikipedia auf Entdeckungsreise gehen

Doch auch in Wikipedia selbst gibt es versteckte Entdeckungsmöglichkeiten. Eine wahre Fundgrube sind die Spezialseiten: Hier findet sich beispielsweise der Eintrag «Zufällige Seite», durch den Sie sich mit einen x-beliebigen Eintrag überraschen lassen können.

Das Lexikon ist noch längst nicht komplett. Die Seiten mit den Artikelwünschen zeigen die blinden Flecken auf.

Die Übersicht «Seiten mit den meisten Versionen» zählt jene Artikel auf, die in letzter Zeit am fleissigsten bearbeitet worden sind. Unter «Lange unbearbeitete Artikel» findet man hingegen jene Einträge, die sich nur geringer Beliebtheit bei den Autoren erfreuen. Und im Beitrag « Artikelwünsche » werden die Themen erfasst, die bislang nicht vertreten sind – eine hervorragende Anlaufstelle, wenn man selbst zum Autor werden möchte.

Und auch spannend: Die Seite zur gesprochenen Wikipedia. Hier findet sich eine Übersicht von Hunderten von Beiträgen, die von Sprechern eingelesen und angehört werden können.

Wie Sie die Vertrauenswürdigkeit eines Eintrags beurteilen

Bleibt eine Frage: Wie beurteilt man eigentlich die Vertrauenswürdigkeit eines Wikipedia-Artikels? Denn am Lexikon darf jeder mitarbeiten – auch Laien. Es gibt befangene Autoren und solche, die Werbung oder Propaganda betreiben. Darum ist ein grundsätzliches Misstrauen angesagt – und Wikipedia in der Wissenschaft als Quelle nicht überall anerkannt.

Doch es gibt ein paar Methoden, mit denen man sich einen Eindruck verschafft, wie glaubwürdig ein Eintrag ist:

– Im Beitrag «Was Wikipedia nicht ist» erklären die Macher, welche Inhalte unerwünscht sind. Es lohnt sich, diese Regeln auch als Leser zu kennen: Dann lassen sich problematische Inhalte leichter schon an der Form, also an der Sprache und der Struktur, erkennen.

– Wikipedia-Beiträge sollten durch Quellen abgestützt sein. Diese sind über Fussnoten erschlossen: Sie haben die Möglichkeit, zu beurteilen, ob wesentliche Aussagen belegt sind, und wie fundiert diese Dokumentation ist.

Die Diskussionsseite ist oft so interessant wie der Lexikoneintrag selbst.

– Zu jedem Artikel gibt es eine Diskussionsseite: Auf der finden Sie umstrittene Punkte und Hinweise auf Schwachstellen. Sie können auch selbst Probleme, die Sie mit einem Beitrag haben, zur Debatte stellen.

– Die Versionsgeschichte eines Artikels ist aufschlussreich: Sie sehen, wie sich ein Beitrag über die Zeit entwickelt hat, und können unterschiedliche Fassungen vergleichen. Das zeigt, wo die Meinungen auseinandergehen und allenfalls auch Einflussversuche stattgefunden haben.

– Generell die beste Methode ist, zu einem Thema auch andere Quellen heranzuziehen, beispielsweise Fachbücher, die sich über Books.google.com in Auszügen einsehen lassen.

Die englischsprachige Wikipedia in gedruckter Form ergibt mit Stand April 2015 ganze 7473 Bände mit jeweils 700 Seiten. Der US-Künstler und Programmierer Michael Mandiberg (links, hier mit seinem Assistenten) hat daraus 2015 das Kunstprojekt «Print Wikipedia» gemacht.

Quelle: Newsnetz, Dienstag, 29. September 2020

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