Wer gewinnt: Spotify oder Apple Music?

Streamingdienste im Vergleich Bedienung, Empfehlungen, soziale Funktionen und passende Lautsprecher: Unser Digital-Redaktor hat beide Musikangebote parallel genutzt und einen Favoriten gekürt.

Matthias Schüssler

Um es gleich vorwegzunehmen: Bei mir schneidet Spotify besser ab. Für mich ist und bleibt spürbar, dass bei Apple der Streamingdienst nur ein Angebot von vielen ist – während Spotify-Chef Daniel Ek und seine Mitstreiterinnen sich nur um dieses eine Geschäft kümmern. Hier mein Vergleich in vier Kategorien:

— Zugang und Bedienung

Im Vergleich zu Spotify gelange ich bei Apple Music weniger schnell zur Musik, die ich hören möchte. Ein Grund ist sicher die Gewöhnung: Ich nutze Spotify, seit der Dienst in die Schweiz gekommen ist, also seit November 2011.

Ich kenne mich bei Spotify daher hervorragend aus. Bei diesem Dienst sind alle meine Playlists zu finden, die ich in den letzten Jahren angelegt und gehört habe.

Apple Music habe ich erst seit ein paar Wochen auf dem Schirm. Vorher hatte ich den Dienst explizit ausgeblendet, weil ich die Musik-App an Mac, iPad und iPhone nur für meine lokale Musik verwenden wollte. Die wichtigsten Playlists habe ich nun zu Apple Music kopiert. Aber weil das mit echter Arbeit verbunden ist, habe ich mich dabei bislang auf die wichtigsten Wiedergabelisten beschränkt.

Allerdings bin ich auch für Apple Music kein unbeschriebenes Blatt. Apple kennt meine lokale Musiksammlung und die Wiedergabelisten, die ich dort angelegt habe. Diese beiden bilden meinen Prä-Streaming-Musikgeschmack sehr akkurat ab. Apple wäre somit bestens gerüstet, mir ein hervorragendes Musikerlebnis zu bieten. Nur nimmt es diese Gelegenheit nicht so gut wahr wie die schwedischen Konkurrenten.

Der Hauptgrund besteht darin, dass es für Apple Music keine separate App gibt, sondern dass das Streaming in die klassische Musik-App integriert wurde. Das kompliziert die Nutzung der MP3-Sammlung, und es macht auch das Streaming weniger elegant. Aber immerhin: Man kann in den Wiedergabelisten Songs aus der eigenen Mediathek und von Apple Music mischen. Das geht auch bei Spotify, allerdings ist es dort viel komplizierter.

— Personalisierung

Beide Dienste kennen mich nun ganz gut – auch wenn Apple eher mit meinen älteren Vorlieben vertraut ist und Spotify mitbekommen hat, was ich in den letzten knapp zehn Jahren gehört habe. Im Schnitt finde ich die Empfehlungen von Spotify aber besser. Dies bezieht sich auf den «Mix der Woche», aber auch auf die empfohlenen Alben und Neuheiten.

Spotify hat meines Erachtens auf der Startseite mehr zu bieten. Die beliebten Playlists, automatische Listen wie «Dein Sommer-Flashback», die Mixtapes, die Empfehlungen zum Hörverlauf und die häufig gehörten Songs in den Listen «On Repeat» und «Repeat Rewind» – das gibt viel her.

Bei Apple finden sich die beiden Rubriken «Für dich» und «Entdecken». In der «Für dich»-Rubrik sind der «Favoriten-Mix» und der «Power-Mix» – nicht verkehrt, aber auch nicht sehr inspirierend. Darunter listet Apple Künstler und Titel aus den Genres auf, die ich mag. Das ist ebenfalls nicht falsch, aber auch nicht überraschend.

Die «Entdecken»-Rubrik scheint nicht oder nur ansatzweise personalisiert zu sein. Sonst würden mir dort nicht Dinge wie Deutschrap, Hip-Hop-Hits oder die Kanye-West-Essentials angeboten. Wenn ich weiter nach unten scrolle, finde ich durchaus Dinge, die mich ansprechen, aber der Einstieg ist nicht gelungen. Auch die allgemeinen Empfehlungen gefallen mir bei Spotify besser – im Moment beispielsweise «Black Music Matters».

Fazit: Spotify ist klar treffsicherer und viel spezifischer als Apple.

— Soziale Funktionen

Ich schätze die öffentlichen Wiedergabelisten von anderen Nutzern und Freunden. Eine soziale Komponente gibt es bei beiden Diensten.

Bei Spotify habe ich in der Anfangszeit den Freunde-Feed intensiv genutzt. Die Funktion ist in den letzten Jahren in den Hintergrund gerückt. Das liegt daran, dass es sie am Tablet und Smartphone nicht gibt, sondern nur am Desktop – und dort Spotify bei mir fast gar nicht mehr im Einsatz ist. Die abonnierten Wiedergabelisten finde ich nach wie vor toll.

Bei Apple Music gibt es ebenfalls soziale Funktionen (Anzeigen, was sich Freunde in Apple Music anhören, Apple-Music-Playlists erstellen und teilen). Doch ich müsste bei der Vernetzung bei null beginnen, während bei Spotify meine Sammlung an Freunden und Playlists gut bestückt ist. Bezüglich sozialer Aspekte war die Starthilfe durch eine Partnerschaft mit Facebook praktisch – auch wenn ich die aus anderen Gründen in meinem Blog scharf kritisierte.

— Smart-Home-Tauglichkeit

Ich verwende drei verschiedene WLAN-Lautsprecher: den Jooki, das Raumfeld One S und das Libratone Zipp. Alle drei sind mit Spotify Connect ausgestattet: Sie fürs Streaming zu verwenden, ist überaus simpel.

Mit Apple Music lassen sich zwei von den drei Lautsprechern nicht bespielen. Möglich ist das nur mit dem Zipp: Weil es Airplay unterstützt, kann ich die Musikausgabe von Apple-Geräten auf diesen Lautsprecher umleiten. Das ist aber weniger elegant, weil das Gerät als Relaisstation fungieren muss, während bei Spotify Connect direkt aufs Endgerät gestreamt wird.

Musikliebhaberinnen können auf etliche Streamingdienste zurückgreifen: Spotify und Apple Music sind die geläufigsten. Foto: Philipp Nemenz (plainpicture)

Spotify (links) und Apple Music im Direktvergleich. Foto: Rafael Zeier

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 29. Juli 2020

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