Digitale Patentrezepte

Wie Ihr Computer im Kampf gegen Corona helfen kann

Sie können sich mit Ihrem Windows-PC oder Mac ganz einfach an der Suche nach einem Wirkstoff gegen Covid-19 beteiligen. Im Video erklären wir, wie es funktioniert.

Matthias Schüssler

Das Spike-Protein hat dem Coronavirus zu seinem Namen verholfen: Wie die Zacken einer Krone stehen die Proteinmoleküle von der Hülle des Erregers ab. Dieses Protein ist auch das Instrument, mit dem das Virus in eine menschliche Zelle eindringt und seine Erbinformationen einschleust. Wer das Virus unschädlich machen will, der braucht einen Stoff, der diese Angriffswaffe blockiert.

Dazu muss ein Protein gefunden werden, das an der Zelloberfläche andockt. Proteine sind kettenartige Moleküle aus Eiweiss, die sich zu hochkomplexen dreidimensionalen Gebilden falten lassen. Von dieser Faltung hängt nun ab, wie gut ein Anti-Corona-Protein auf die Zacken der Krone passt und diese zu neutralisieren vermag.

Viele kleine Computer ergeben einen Superrechner

Die Suche nach passenden Kandidaten ist extrem rechenaufwendig. Um sie zu unterstützen, braucht es Hochleistungscomputer. Oder eine grosse Zahl von normalen PCs, die sich zusammen an diese Aufgabe machen. Diese zweite Idee verfolgt ein Team der Washington-Universität in St. Louis: Jeder, der möchte, kann beim Projekt Folding@home seinen Computer zur Verfügung stellen, damit er einen kleinen Teil der Arbeit erledigt. Dazu braucht es nur eine Software, die auf dem Windows-PC oder Mac installiert wird. Sie nimmt die Aufgaben entgegen, führt die Berechnungen aus und liefert die Resultate zurück an den Server.

In der App kann man sich das Molekül ansehen, an dem der eigene Computer gerade rechnet.
Screenshot: schü.

Wie genau das funktioniert, erklärt unser Video – und wir geben Tipps, wie Sie die Software richtig einstellen, damit Sie nicht bei der Nutzung des Computers beeinträchtigt werden, weil beispielsweise wegen der Berechnungen der Akku Ihres Laptops schneller leer geworden ist als üblich. Und wir zeigen auch, wie sich die Methode nicht nur gegen das Coronavirus bzw. Covid-19, sondern auch gegen Krebs, Alzheimer und andere Krankheiten einsetzen lässt.

Seit 1999 wird global verteilt gerechnet

Die Idee hinter Folding@home ist nicht neu: Schon im letzten Jahrhundert, nämlich 1999, startete an der Universität Berkeley das Projekt SETI@home. Es hatte sich zum Ziel gesetzt, extraterrestrisches Leben zu finden. Die von Radioteleskopen gesammelten riesigen Datenmengen wurden von den Computern der freiwilligen Helfer ausgewertet. Das Projekt hat den Beweis erbracht, dass sich normale Haushalts-PCs virtuell zu einem Supercomputer zusammenschliessen lassen: Die Teilnehmer haben insgesamt ungefähr 2,3 Millionen Jahre Rechenzeit bereitgestellt.

Die Suche nach den Ausserirdischen pausiert seit Ende März dieses Jahres. Die «New York Times» erläutert, das Team brauche erst einmal Zeit, die gesammelten Daten zu analysieren. Indes rufen die Initianten von SETI@home auf der Projektwebsite ihre Nutzer dazu auf, sich an der Suche nach einem Heilmittel gegen Corona zu beteiligen.

Wer nicht einfach nur Rechenleistung spenden möchte, hat bei «Fold it» die Möglichkeit, sich direkt einzubringen. Bei diesem Spiel ist der Spieler gefordert, ein möglichst gut gefaltetes Protein zu bauen. Das Protein am Bildschirm lässt sich per Maus verändern: Man kann die Stränge neu anordnen, zu Spiralen drehen oder auseinanderziehen und anhand der Punktzahl sieht man, wie gut das Protein wirkt. Die Schwarmintelligenz der Spieler weltweit kämpft gegen eine reale Gefahr – das erinnert nicht nur ein bisschen an Bücher bzw. Filme wie «Das grosse Spiel» von Orson Scott Card oder «The Last Starfighter».

Sinnvoll und unkompliziert: Wie man seinen Computer in den Dienst der Wissenschaft stellt.
Video: Matthias Schüssler

Quelle: Newsnetz, Dienstag, 28. April 2020

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Thema: Patentrezept
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