Microsofts zaghafter Anbandelungsversuch mit Android

Betriebssysteme Der US-Konzern zeigt neue Geräte, auch ein Android-Telefon. Und der Chef ist willens, sich von Windows zu emanzipieren.

Microsoft und Apple pflegen seit 40 Jahren eine mehr oder weniger gesunde Rivalität. Über Jahre ging der Streit darum, wer das bessere Desktop-Betriebssystem hat. In den letzten Jahren hat sich der Wettstreit ausgeweitet. Er tobt inzwischen sogar bei der Unterhaltungselektronik: Apples Airpods haben letzte Woche nämlich Konkurrenz erhalten. Microsoft stellte an einem Anlass in New York unter anderem die Surface Earbuds vor.

Die kommen genau wie Apples Airpods komplett ohne Kabel aus. Und sie haben ein ebenso ambitioniertes, aber komplett konträres Design: Die Airpods sind anhand ihres langen Stiels sofort zu erkennen. Microsofts Ohrstöpsel dagegen haben eine kreisrunde, flache und blank polierte Aussenseite – wie ein überdimensionierter Ohrschmuck. Microsoft bringt das Kunststück fertig, seine Kopfhörer mit Office zuverbandeln: Man kann mit ihnen Outlook-Termine abfragen und bei Powerpoint-Präsentationen die Folie wechseln.

Nebst kleineren Updates für die Surface-Tablets und Laptops hat Microsoft aber auch zwei Pflöcke eingeschlagen: Mit dem Surface Neo und dem Surface Duo greift der Konzern die Idee des faltbaren Bildschirms auf – allerdings ohne sich die Probleme einzuhandeln, mit denen die Konkurrenz seit Monaten kämpft. Zum Beispiel Samsung mit dem Galaxy Fold. Das geht leicht kaputt, weil Displays, wenn sie tatsächlich gebogen werden, enorm fehleranfällig sind.

Microsoft greift deswegen zu einem Trick: Seine beiden Geräte haben zwei separate Bildschirme, die an der langen Seite durch ein Scharnier getrennt sind. Das führt zwar dazu, dass in der Mitte eine schmale schwarze Naht zu sehen ist. Doch aus dieser Not kann man eine Tugend machen: Verwendet man zwei Apps nebeneinander, bildet die Naht eine Trennlinie dazwischen.

Das Surface Neo besteht aus zwei Neun-Zoll-Displays. Man hat bei diesem Gerät mehrere Verwendungsmöglichkeiten: Klappt man den einen Teil nach hinten, dient es als kompaktes, auch gut in einer Hand zu haltendes Tablet. Ausgeklappt erhält man ein grossformatiges Tablet mit 13 Zoll Arbeitsfläche.

Das Gerät nimmt auch die Laptop-Position ein: Halb aufgeklappt, hat man den oberen Bildschirm quer vor Augen. In dieser Lage lässt sich auch eine Hardware-Tastatur magnetisch andocken, die dann einen Teil des unteren Bildschirms abdeckt. Der obere, sichtbare Bereich wird zur «Wonderbar»: Das ist eine Leiste mit Bedienelementen, die stark an die Touchbar bei Apples Macbook-Pro-Modellen erinnert.

Android-Einsatz ist logisch

Das Surface Duo ist ein Smartphone mit zwei klappbaren Bildschirmen (je 5,6-Zoll). Auf diesem läuft Android, Googles Betriebssystem. So überraschend das im ersten Moment ist: Es ist ein logischer Entscheid, nachdem Microsoft sein eigenes Smartphone-Betriebssystem namens Windows 10 Mobile Anfang Jahr eingestellt hat.

Mit diesem Entscheid wird Windows an Bedeutung verlieren. Das bestätigte der Chef: «Das Betriebssystem ist nicht mehr die wichtigste Ebene», sagte Satya Nadella in einem Interview mit dem Magazin «Wired». Stattdessen setzt Nadella auf den «Microsoft Graph»: Eine Sammlung von Programmierschnittstellen, mit denen die Dritthersteller ihre Apps mit Excel, Onedrive und allen anderen Apps und Diensten von Microsoft verzahnen.

Wenn es nach Nadella geht, soll der Graph auch in Android verankert werden. Man kann Microsofts erstes Android-Gerät auch so verstehen, dass Nadella – ein entsprechendes Entgegenkommen von Google vorausgesetzt – durchaus gewillt ist, sein Engagement zu vergrössern. Denn auch wenn Google, genauso wie Apple, ein grosser Rivale ist, so war und ist Microsoft immer zur Zusammenarbeit bereit. Hauptsache, es dient der Verbreitung der eigenen Produkte.

Matthias Schüssler

Microsoft will mit dem Surface Duo zurück ins Smartphone-Geschäft: Produktechef Panos Panay stellt den Doppelbildschirm vor. Foto: Keystone

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 9. Oktober 2019

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