Apple legt nach und beseitigt Altlasten

Betriebssysteme Für die ganze Gerätepalette gibt es neue Softwareversionen. Sie bringen beim iPad einen besseren Homescreen und Anschlussmöglichkeiten für USB-Sticks. Beim iPhone gibt es Detailverbesserungen. Und beim Mac werden alte Zöpfe abgeschnitten.

Matthias Schüssler

Bislang hat Apple das iPhone und das iPad mit der gleichen Systemsoftware bedient. Das Betriebssystem iOS zeigt gewisse Verhaltensunterschiede, je nachdem, ob es auf dem Telefon oder dem Tablet läuft. Zum Beispiel können Anwender auf dem iPad zwei Apps nebeneinander platzieren. Beim iPhone geht das nicht.

Doch nun ist Apple dabei, die beiden Systemvarianten stärker auszudifferenzieren. Die iOS-Variante fürs iPad erhält einen eigenen Namen und heisst jetzt iPad OS. Apple scheint verstanden zu haben, dass die Entwickler das iPad nicht mehr bloss als grössere Variante des iPhone behandeln sollten, sondern als eigenständiges Gerät.

Das ist auch dringend nötig, denn Apple hat mit dem iPad Pro ein Problem: So gut und leistungsfähig die Hardware auch ist: Die Software wird den Ansprüchen professioneller Anwender nicht gerecht. Es gibt bislang grosse Beschränkungen mit externen Speichermedien, Mäusen und anderen Geräten. Und die Apps sind beim Datenaustausch limitiert.

Mit iPad OS, das wie das neue iOS die Versionsnummer 13 trägt, macht Apple den Anschluss von USB-Sticks und Festplatten möglich. Sogar eine Steuerung per Maus ist möglich. Und auch beim Homescreen sind Abnabelungsbemühungen im Gang:

Beim neuen Homescreen des iPad sind die Icons nicht mehr so gross und klobig. Dafür haben die Entwickler am linken Rand einen Bereich freigeräumt, in dem aktuelle App-Informationen immer sichtbar sind. Diese sogenannte «Heute»-Ansicht lässt sich beim iPhone vom linken Rand hereinwischen. Sie enthält die anstehenden Termine, Wetterprognosen, häufig genutzte Kontakte und den Titel, der gerade in der Musik-App läuft.

Kompakt-Tastatur

Eine iPad-exklusive Neuerung hat die Tastatur erfahren. Nebst der normalen, grossen Darstellung lässt sie sich auch in einer kompakten Darstellung anzeigen, die für die Einhandbedienung ausgelegt ist und die sich nach Belieben platzieren lässt. Um diese Tastatur anzuzeigen, tippen Sie etwas länger auf das Tastatursymbol in der rechten unteren Ecke und wählen «Schwebend» aus dem Menü.

Auf dieser kleinen Tastatur kann, genauso wie auf der normalen Tastatur des iPhone, mit Wischen geschrieben werden: Beim Tippen muss man die Finger nicht mehr anheben, sondern nur von Buchstabe zu Buchstabe bewegen. Auf diese Weise soll die einhändige Texteingabe vor allem auf den grossen Modellen einfacher werden. Bei dieser wischenden Texteingabe muss die Software Interpretationshilfe leisten. Und Tester haben festgestellt, dass das Betriebssystem Zensur übt: Es weigert sich, Flüche und Beschimpfungen entgegenzunehmen.

Die restlichen Neuerungen gibt es für iPhone und iPad gleichermassen. In den Einstellungen bei «Anzeige & Helligkeit»lässt sich der dunkle Modus einschalten. Mit ihm werden die hellen Elemente der Benutzeroberfläche dunkelgrau bis schwarz dargestellt. Das spart Batteriestrom und schont die Augen, wenn das Gerät bei wenig Licht benutzt wird. Der dunkle Modus lässt sich manuell oder aber zeitgesteuert ein- und ausschalten.</p>

Die Bearbeitungsfunktionen in der Foto-App sind nun übersichtlicher geworden. Bemerkenswert ist, dass sich alle Operationen nicht nur auf stehende Bilder, sondern auch auf Videos anwenden lassen. Es ist nun möglich, Clips zu beschneiden und zu drehen. Aufnahmen in der falschen Lage gehören der Vergangenheit an.

Detailverbesserungen

Apple hat schliesslich auch viele Detailverbesserungen angebracht: Im Kontrollzentrum (das bei iPhones mit Home-Knopf mit einer Wischgeste von unten, bei iPhones ohne von rechts oben geöffnet wird) kann man nun direkt ein bestimmtes WLAN-Netz oder Bluetooth-Gerät auswählen: Dazu drückt man erst lange auf den Bereich mit den Verbindungen und dann wiederum lange auf den WLAN-respektive Bluetooth-Knopf.

Und auch das ist nützlich: Das Betriebssystem zeigt von Zeit zu Zeit an, wenn eine App eine Ortsbestimmung durchgeführt hat. Man sieht, wie oft welche Standorte ermittelt werden. Anhand dieser Angabe lässt es sich feststellen, wenn eine App ein übertriebenes Interesse an den Geodaten zeigt.

Wie immer stellt sich die Frage: Soll man das Update sofort installieren – oder zuwarten? Typischerweise gibt es nach einem Versionssprung kleinere und manchmal auch grössere Probleme. Häufig hält der Akku nicht mehr so lange durch, und auch Abstürze treten auf.

Darum lautet die Empfehlung wie immer: Vorsichtige warten ab – Ungeduldige aktualisieren auf eigene Gefahr. Wir haben bei unseren Tests keine groben Fehler festgestellt. Reibungslos lief die Testphase jedoch nicht: Apple musste Funktionen zurückziehen. Vorerst gestoppt wurde die Möglichkeit, in der iCloud gespeicherte Ordner mit anderen Leuten zu teilen.

Eine weitere Frage ist, welche Geräte das Update erhalten. Bei Update-Runden fallen ältere Modelle unter den Tisch, wenn ihre Hardware nicht in der Lage ist, die neue Software mit akzeptabler Leistung auszuführen. Ausserdem steckt Apple traditionell nicht allzu viel Energie in die Rückwärtskompatibilität, sprich in die Anpassung neuer Software an alte Geräte.

Allerdings werden beim Update dieses Jahr nur relativ alte Modelle ausgeschlossen, namentlich iPhone 5s und iPhone 6 sowie 6 Plus. Die Modelle ab iPhone SE und 6S sowie 6S Plus sind dabei. Beim iPad werden die Modelle ab iPad Air 2 beliefert.

Das iPad soll ein Ersatz für den Laptop sein, verspricht Apple seit langem. Und mit dem neuen Betriebssystem ist das nicht mehr ganz falsch. Foto: Getty Images

Catalina setzt iTunes ein Ende

Auch für den Mac hat Apple ein Update in Arbeit – ob das auch zeitnah zum Apple-Event diese Woche erscheint oder nochetwas länger reifen wird, ist im Moment noch offen. Die grösste Neuerung bei Mac OS 10.15 alias Catalina ist ohne Zweifel das Ende von iTunes: Die traditionsreiche Musikverwaltungssoftware, die 2001 zum ersten Mal erschienen ist, wird in die drei Apps Musik, Podcasts und TV aufgespalten. Die Synchronisation von iPhone und iPad, für die iTunes bisher auch zuständig war, wird künftig im Finder, dem Dateiverwaltungsprogramm, stattfinden. Den Windows-Anwendern bleibt iTunes vorersterhalten.

Apple entfernt bei Catalina auchdas Dashboard mit den Miniprogrammen, das 2004 mit Mac OS Tiger eingeführt worden war. Und dran glauben müssen auch die Carbon-Programmierschnittstelle und die Unterstützung für 32-Bit-Apps. Das hat zur Folge, dass ältere Programme nicht mehr ausführbar sind. Welche Softwareprodukte betroffen sind, finden Sie wie folgt heraus: Klicken Sie im Apple-Menü auf «Über diesen Mac» und dann auf «Systembericht». Wählen Sie in der linken Leiste bei «Software» den Abschnitt «Ältere Software» aus. Falls hier wichtige Programme aufgeführt sind, müssen Sie diese vor dem Update ersetzen.

Mac OS 10.15 macht es Softwareentwicklern einfacher, ihre iPhone- und iPad-Apps auf den Mac zu bringen. Unmittelbar praktisch ist die Funktion «Sidecar»: Mit ihr lässt sichein angeschlossenes iPad als zweiter Monitor verwenden. Das Update ist für Macbooks ab Baujahr 2015, für iMacs und Macbooks ab 2012 erhältlich. (schü.)

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 11. September 2019

Rubrik und Tags:

Faksimile
190911 TA Seite 33.pdf

Die Faksimile-Dateien stehen nur bei Artikeln zur Verfügung, die vor mindestens 15 Jahren erschienen sind.

Metadaten
Thema: Aufmacher
Nr: 15303
Ausgabe:
Anzahl Subthemen: 2

Obsolete Datenfelder
Bilder:
Textlänge:
Ort:
Tabb: FALSCH