Privatsphäre aus der Box

Ein kleines Kästchen will das Heimnetzwerk maximal einfach vor Datensammlern schützen. Kann der Eblocker dieses Versprechen erfüllen?

Matthias Schüssler

Wer seine Privatsphäre im Netz abschirmen will, muss technisch Bescheid wissen und seine Geräte fachgerecht konfigurieren können. Doch ein Hamburger Start-up verspricht nun eine Lösung, die fast schon verdächtig einfach ist: Man besorgt sich eine kleine weisse Box, hängt sie an den Strom und an den Haushaltsrouter – und schon werden alle Geräte, egal ob Computer oder Smartphone, privatsphärenmässig geschützt.

Das Kästchen namens Eblocker ist im letzten Jahr aus einer Crowdfunding-Kampagne hervorgegangen und will den Nutzer vor Datensammlern schützen und beispielsweise davor bewahren, in einem Webstore zu viel zu bezahlen. Denn wenn man aufgrund seines Verhaltens im Netz als kaufkräftig eingestuft wird, kann es sein, dass man «personalisierte Preise» verrechnet bekommt.

Den Eblocker gibt es in zwei Varianten: Die erste kostet 219 Euro, die zweite ist für 249 Euro zu haben. Die teurere erlaubt bis zu 10 Nutzerkonten für unterschiedliche Konfigurationen – und enthält auch eine durch die Eltern konfigurierbare Kindersicherung. Für den Eblocker ist ausserdem eine Jahreslizenz von 59 bzw. 99 Euro fällig. Wenn man ihn mit der Lifetime-Lizenz erwirbt, entfällt diese. Dann kosten die Böxchen 329 und 399 Euro. Die Installation ist, wie versprochen, einfach. Anstöpseln an Strom und Router genügt tatsächlich: Nach dem Start zeigt ein kleines Symbol in der rechten oberen Ecke jeder Website, dass der Eblocker aktiv ist. Klickt man das Symbol an, erscheint eine Symbolleiste, in der ersichtlich ist, welche Tracker und Werbeinhalte geblockt wurden.

Herkunftsverschleierung

In dieser Leiste schaltet man auch jene Dienste ein, die per Standard nicht aktiv sind. Der «Tarnmodus» spiegelt ein anderes Betriebssystem vor und gibt das benutzte Gerät als iPhone, Tablet oder Linux-PC aus. Über «Anon» (für Anonymisierung) surft man übers Tor-Netzwerk. Dadurch verschleiert man seine geografische Herkunft. Da dieser Dienst das Surfen stark verlangsamt, ist er standardmässig abgeschaltet.

Über die Leiste ist es möglich, eine Website der Ausnahmeliste hinzuzufügen. Das ist dann hilfreich, wenn eine Website in der gefilterten Form nicht funktioniert. In den Einstellungen gibt es auch die «Ausnahmelisten für Apps». Mit ihrer Hilfe löst man Probleme in Softwareprogrammen, die durch die Filterung entstehen können. Typischerweise betroffen sind Updater, Antivirenprogramme und Online-Banking-Apps.

Fazit: Der Eblocker macht, was er verspricht, und zwar unkompliziert. Beim Test hat sich das Surfen gefühlt etwas verlangsamt, wobei Messungen diesen Eindruck nicht bestätigt haben.

Allerdings: Technische Schutzmechanismen erhöhen die Privatsphäre, doch hundertprozentige Anonymität kann einem niemand garantieren. Der grösste Knackpunkt sind die sicheren, durch ein Schlösschen gekennzeichneten Verbindungen. Da bei ihnen die Kommunikation verschlüsselt stattfindet, kann die Box den Datenverkehr nicht filtern. Das lässt sich nur durch die Installation eines speziellen Zertifikats im Browser umgehen. Das ist heikel, weil es einen potenziellen Angriffspunkt in die Kommunikation einbringt. Kritiker weisen darauf hin, dass die Techniken, die bei der Eblocker Box zum Einsatz kommen, nicht offengelegt sind und darum keine unabhängige Sicherheitsbeurteilung möglich ist. Christian Bennefeld, der Entwickler der Box, sagt auf Anfrage, er sei gewillt, mit einer Vertraulichkeitsvereinbarung den Code Sicherheitsexperten vorzulegen.

Es bleibt eine persönliche Entscheidung, was man in den Schutz seiner Privatsphäre investieren möchte und ob der Eblocker als vertrauenswürdige Lösung in Betracht kommt. Technisch jedenfalls funktioniert er einwandfrei und einfacher als andere Ansätze zum Schutz der Privatsphäre.

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 22. Februar 2017

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