Mario rennt nicht zum Nulltarif

Nintendos Einstand auf dem iPhone ist nur halb geglückt. Das Interesse ist riesig, doch es hagelt Detailkritik.

Matthias Schüssler

Die Erwartungen waren hoch, sehr hoch: Erstens ist Mario für viele Spieler mit nostalgischen Kindheitserinnerungen verbunden. Seit seinem ersten Auftritt in «Donkey Kong» 1981 hat der agile und mutig Prinzessinnen rettende Klempner einen Kultstatus wie kaum eine andere Figur aus der Welt der Videogames.

Zweitens hat Nintendo mit «Super Mario Run» eine Kehrtwende vollzogen und seinen zugkräftigsten Titel zum ersten Mal aufs Smartphone gebracht. Bislang war Mario nur auf Nintendos eigenen Konsolen unterwegs. Das war für den japanischen Spielekonzern eine Frage der Identität: «Nintendo wäre nicht mehr Nintendo, wenn wir Spiele für Smartphones veröffentlichen würden», hatte der damalige und inzwischen verstorbene Nintendo-Chef Satoru Iwata noch 2011 bekräftigt.

Doch inzwischen hat der Wind gedreht. Nicht ganz unschuldig daran dürfte der enorme Erfolg von «Pokémon Go» im Sommer gewesen sein. Obwohl vom Google-Spin-off Niantic entwickelt, hatten millionenfache Downloadzahlen keinen Zweifel daran gelassen, dass der Name Nintendo auch bei den Smartphone-Nutzern zieht. Und um letzte Widerstände zu beseitigen, hatte Apple für Nintendo im September den roten Teppich ausgerollt. Am grossen iPhone-Anlass durfte Mario-Erfinder Shigeru Miyamoto das neue Spiel höchstpersönlich ankündigen.

Und offensichtlich hat sich Nintendo einiges vorgenommen: Das Spiel sei zu einem recht grossen Projekt herangewachsen, hat Miyamoto gegenüber dem Onlinemagazin «Wired» gesagt. Drei Teams hätten gleichzeitig daran gearbeitet. Es sollte fürs Smartphone nicht einfach eine Adaption der bekannten Spielidee geben – auch wenn sie optisch den Vorgängern aus den 80er-Jahren zum Verwechseln ähnlich sieht.

Einhändig spielen

Die Steuerung ist clever fürs Smartphone angepasst. «Super Mario Run» lässt sich einhändig spielen. Die Figur rennt von alleine und weicht kleineren Hindernissen automatisch aus. Durch kurzes oder langes Tippen auf den Bildschirm springt sie hoch und höher. Es gibt diverse kurze Levels, die sich in der Spielweise und im Schwierigkeitsgrad unterscheiden.

Doch während die Spielsteuerung Lob erntet, werden andere Mängel kritisiert: die umständliche Klickerei durch diverse Dialoge beim ersten Start sowie der Umstand, dass man zwingend online sein muss, um das Spiel zu spielen. Es scheint sogar vorzukommen, dass Spielerfolge nicht registriert werden, wenn die Internetverbindung verloren geht.

Die Meinungen gehen auch auseinander, ob der Preis des Spiels gerechtfertigt ist. Nach den drei gratis spielbaren Leveln müssen die weiteren Welten für 10 Franken freigeschaltet werden. Manchen ist das zu teuer. Andere schätzen, dass es keine weiteren Maschen gibt, die Spieler zum Geldausgeben verleiten sollen. Auch Analysten sehen bei diesem Modell laut «Wall Street Journal» die Erwartungen nicht erfüllt: An der Tokioter Börse notiert Nintendos Aktie während Tagen rückläufig.

Einmal mehr muss Mario die Prinzessin retten. Foto: PD

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 21. Dezember 2016

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