Der iPod wird 15 – aber Apple feiert nicht

Der mobile Musikplayer hat mitgeholfen, die Musikbranche zu revolutionieren, trotzdem verliert Apple kein Wort über ihn. Warum denn nicht?

Von Matthias Schüssler

Der ist iPod 15-jährig geworden. Und Apple? Ignoriert diesen Geburtstag komplett: keine Pressemeldung, keine Sonderaktion von Apple Music, kein Tweet von Tim Cook. Und selbst Steve Jobs sei offenbar mehr damit beschäftigt, mit Techno-Engeln abzuhängen, als den revolutionären Musikplayer zu feiern, schreibt Gizmodo mit einem anklagenden Unterton.

Revolutionär ist im Fall des iPod nicht übertrieben. Der 2001 vorgestellte Player hatte den digitalen Musikdateien den Weg geebnet. MP3-Player gab es zwar schon zuvor. Doch die waren nur etwas für Technikfreaks. Der Ur-iPod war ein sympathisches Gerät mit einer neuartigen Bedienung: Über einen berührungsempfindlichen Ring scrollte man durch seine Musiksammlung und startete und stoppte die Wiedergabe. Der iPod war ein mutiges Produkt, da es damals noch keine Möglichkeit gab, Musikdateien zu erwerben. Man konnte seine CDs in Musikdateien umwandeln. Das war aber aufwendig und anfänglich auch technisch anspruchsvoll.

Die zweite Möglichkeit war einfacher: Man bediente sich bei den Musiktauschbörsen. Napster, Bearshare, und wie sie alle hiessen, hielten Unmengen an Musik bereit. Und mit dem Aufkommen des breitbandigen Internets war auch der Download nicht mehr so eine Plagerei wie noch Ende der 1990er-Jahre. Da konnte es eine Stunde dauern, um einen einzigen Song aus dem Netz zu ziehen.

Teil von Jobs› Plan

Der iPod machte es möglich, die Musik aus dem Internet unterwegs dabeizuhaben. Damit hat Apple dem regen Tausch von MP3s Vorschub geleistet. Steve Jobs dürfte das nicht nur in Kauf genommen, sondern als Teil seines Plans gesehen haben: Der Musikverkauf via Internet war eine grossartige Geschäftsidee – von der die Plattenindustrie damals nichts wissen wollte. Der Siegeszug des iPod hat seinen Teil dazu beigetragen, die Plattenbosse weichzukochen. Um das Internet als Chance zu erkennen, hätte es den iPod an sich überhaupt nicht gebraucht. Schon 2000 legte eine Studie dar, dass intensive Tauschbörsennutzer mehr Geld für Musik ausgeben als solche, die von Napster noch nichts gehört hatten. Doch wie man in Stephen Witts spannendem Buch «How Music Got Free» nachlesen kann, waren Musikbosse wie Doug Morris von Universal Music erst unter maximalem Druck bereit, ihr Heil nicht mehr in der CD zu sehen.

Legendär: Die Werbung für den iPod.

Zwei Jahre später kam der Store

Das zweite Puzzleteil, der Musikstore, kam zwei Jahre nach dem Start des iPod dazu. Im April 2003 öffnete Apple den iTunes Music Store. Es gab ihn zunächst nur für den Mac, was laut Witt als Beruhigung für die Plattenbosse gedacht war: ein kleiner Markt, den man notfalls auch sehr schnell wieder würde dichtmachen können. Doch Jobs dachte gar nicht daran. Schon im Oktober ging der Store für Windows an den Start und war offensichtlich eine Erfolgsgeschichte.

Warum hat Apple also die Gelegenheit verpasst, sich für diese Erfolgsgeschichte zu feiern? Natürlich, weil der iPod für die Geldscheffler aus Cupertino kein relevantes Geschäftsfeld mehr ist. Seit 2008 gehen die Verkaufszahlen zurück. Und auch wenn 2014 noch viel mehr iPods verkauft wurden als in den ersten drei Jahren, so setzt Apple heute auf das iPhone als mobilen Musikplayer und auf den Streamingdienst Apple Music. Dass Apple nicht aus reiner Nostalgie das iPod-Fähnchen hochhält, konnte man 2014 sehen, als der iPod Classic ohne viel Federlesens eingestellt wurde. Dabei hatte dieses Modell, das sich noch am Originaldesign orientierte, eine treue Anhängerschaft. Die schätzte die lange Batterielaufzeit und die grosse Speicherkapazität.

Es ist absehbar: So wichtig der iPod in seiner Zeit war: In der Tech-Geschichte wird er nur eine Fussnote bleiben. Wenn Sie noch einen iPod besitzen, halten Sie ihn trotzdem in Ehren…

Bei den ersten Spots hat Apple erklärt, wie der iPod überhaupt funktioniert.

Quelle: Newsnetz, Montag, 24. Oktober 2016

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