Microsoft hat den Laptop neu erfunden

Matthias Schüssler

Das Surface Book will Laptop und Tablet gleichzeitig sein und trotzdem keine Kompromisse eingehen. Ein hoher Anspruch, den Microsoft aber weitgehend zu erfüllen vermag. Das Multifunktionsgerät ist ab Mitte Februar in der Schweiz erhältlich.

Drucker, die auch scannen, Mixer mit Teigknetfunktion oder schleifende, fräsende und nagelnde Bohrer – Multifunktionsgeräte leiden unter dem Manko, dass sie viele Bereiche ein bisschen abdecken, aber in keiner Disziplin so richtig überzeugen. Man kauft eine solche eierlegende Wollmilchsau, um Geld zu sparen und weil man sie nur sporadisch zu benutzen gedenkt.

Ganz anders Microsoft mit dem Surface Book: Dieses Kombigerät aus Laptop und Tablet (das Testgerät hat uns Digitec zur Verfügung gestellt) will intensiv benutzt werden und in beiden Disziplinen restlos überzeugen. Also sowohl ein ernsthaftes, leistungsfähiges Werkzeug als auch leichtes Accessoire für den Medienkonsum auf dem Sofa sein. Das Verblüffende: Der Spagat glückt. Das Surface Book ist ein Laptop, der auch als Tablet funktioniert. Und umgekehrt.

Das Design des Surface Book wirkt mit seinem Magnesiumgehäuse und dem aus mehreren Segmenten bestehenden Gelenk zwischen Tastatur und Bildschirm robust, sogar ein wenig martialisch. Ungewöhnlich ist, dass in geschlossenem Zustand der Deckel nicht ganz auf der Tastatur aufliegt. Der tränenförmige Spalt dazwischen ist der speziellen Bauweise geschuldet und führt dazu, dass das Gerät nicht ganz so flach ist, wie es sein könnte. Das mag manche Leute stören. Allerdings ist dieses Gerät auch sonst nicht geeignet für Leute mit einer Vorliebe für (kompakte und leichte) Ultrabooks. Das von uns getestete Surface Book ist 1,58 Kilogramm schwer. Das abgekoppelte Tablet bringt es auf 727 Gramm.

Der 13,5-Zoll-Bildschirm verwendet ein Seitenformat von 3:2 und ist ein bisschen grösser als ein A4-Papier. Das macht die Tastatur verhältnismässig tief und ermöglicht eine relativ grosse Auflagefläche für die Handballen. Und auch wenn das keilförmige Profil etwas an zusätzlicher Höhe bringt, sorgt es auch dafür, dass man ein Surface Book sofort als solches erkennt. Microsoft hat ein Gerät geschaffen, das ähnlich ikonisch ist wie das Macbook Air von Apple.

Um das Surface Book mit der Leistung auszustatten, die sich am Laptop und nicht am typischen Tablet orientiert, hat Microsoft einen Teil der Komponenten in die Tastatureinheit ausgelagert. Dort finden sich eine zweite Batterie, zwei USB-Anschlüsse, ein SD-Kartenleser und bei den teureren Modellen eine separate Grafikkarte. Da diese Komponenten im laufenden Betrieb nicht unvermittelt entfernt werden dürfen, kann man die Tastatur nicht wie bei den herkömmlichen Surface-Modellen einfach abziehen. Stattdessen drückt man einen Knopf auf der Tastatur, worauf der Bildschirm abgekoppelt, in den Tablet-Modus versetzt und freigegeben wird.

Das Display lässt sich auch andersherum auf dem Tastaturunterteil aufsetzen, wodurch man einen soliden Ständer erhält und das Tablet zwischen flach, senkrecht und einige Grad vornübergekippt in dem Winkel nutzen kann, der für eine Präsentation oder fürs freie Zeichnen mit dem Stift gerade nützlich ist. Das gibt einem als Nutzer zusätzliche Freiheit beim Aufstellen.

Als Tablet genutzt, ist das Surface Book mit dem iPad Pro zu vergleichen: Es hat eine ähnliche Abmessung, und der Bildschirm ist noch etwas grösser und dank der erhöhten Pixeldichte von 267 ppi auch ausnehmend scharf. Zum Lieferumfang gehört ein Stift, der sich magnetisch an der linken Kante anheften lässt. Wie bei den anderen Surface-Pro-Modellen öffnet sich beim Drücken des Knopfs am oberen Stiftende die Notiz-App One Note.

Fazit: Das Surface Book ist eine beachtliche Ingenieursleistung. Es kann nicht einfach gewesen sein, die beiden Hälften des Geräts richtig auszubalancieren, sodass sie einzeln, aber auch in Kombination funktionieren. Anders als die herkömmlichen Surface-Modelle, die sich nur bedingt als klassischer «Schossrechner» nutzen lassen und damit dem Namen Laptop nur bedingt gerecht werden, kann man das Surface Book ohne Probleme auf den Oberschenkeln platziert verwenden.

Aller Begeisterung zum Trotz: Das Surface Book hat noch so seine Kinderkrankheiten. Beim Abdocken hakt der Bildschirm manchmal. Und die Batterielaufzeit entspricht gemäss unseren Erfahrungen nicht dem, was Microsoft verspricht. Das scheint vor allem ein Softwareproblem zu sein. So hat Microsoft bestätigt, dass es Probleme mit dem Ruhemodus gibt, die zur Entladung der Batterie führen können, wenn das Gerät eigentlich Strom sparen sollte.

Zwei weitere Dinge sind zu beachten: Zum einen ist das Konzept mit dem abdockbaren Tablet brandneu. Es bestehen noch keine Erfahrungen, ob es sich auch im längeren, intensiven Einsatz dauerhaft bewährt. Zum anderen ist Microsofts Neuerfindung des tragbaren Computers im Vergleich zu den 08/15-Windows-Laptops teuer, sehr teuer sogar: Die günstigste Variante schlägt mit 1699 Franken zu Buche, die teuerste kostet 2999 Franken.

Das Gerät kann ab sofort im Microsoft-Onlinestore vorbestellt werden. Ab dem 18. Februar ist es bei Verkaufspartnern in der Schweiz erhältlich.

Video und BilderWir zeigen das Surface Book im Detail
surfacebook.tagesanzeiger.ch

Variante 1 des Surface Books: Der Laptop für die Arbeit.

Variante 2: Das Tablet für das Surfen auf dem Sofa. Fotos: Doris Fanconi

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 13. Januar 2016

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