Wenn es nach Apple geht, gehören alle Fotos in die Cloud

Fotos, Apples neue App für Bildverwaltung, ist da. Fans der iCloud werden ihre Freude haben – alle anderen nicht.

Matthias Schüssler

Das letzte Update des Mac-Betriebssystems OS X Yosemite auf die Version 10.10.3 brachte ein brandneues Programm: die Fotos-App. Sie ist für die Bildverwaltung und -bearbeitung zuständig und löst nicht nur iPhoto ab, sondern auch das Profiprogramm Aperture.

Fotos bringt zwei grosse Neuerungen. Zum einen orientiert sich die Bedienung an der Fotos-App beim iPhone und iPad. Die Bilder sind wie bei den Mobilgeräten chronologisch nach «Momenten» oder nach den manuell anzulegenden Alben gegliedert. Im Bearbeitungsmodus gibt es die gleichen Werkzeuge, beispielsweise zur automatischen Verbesserung und zum Retuschieren. Apples Anspruch ist, dass Fotos einfacher zu benutzen sein soll als die Vorgängerprogramme. Aus iPhotos bekannte Funktionen wie die Gesichtserkennung und die Fotobucherstellung sind nach wie vor vorhanden, aber gut versteckt.

Zum anderen setzt Fotos ganz auf die Cloud. Die Bilder (und Videos) werden standardmässig über Apples Datendienst iCloud abgeglichen. Ein Übertragungsvorgang vom Mobilgerät auf den Computer entfällt. Neue Aufnahmen werden automatisch für alle Geräte verfügbar, die mit der gleichen Apple-ID verbunden sind. Als Nutzer muss man sich keine Gedanken machen, wo eine Aufnahme gespeichert ist, sondern kann sie überall betrachten. Auch eine Bearbeitung überträgt sich via iCloud automatisch auf alle Geräte. Die Fotos sind, geschützt durch das Apple-ID-Passwort, auch via icloud.com abrufbar. In Kombination mit der Familienfreigabe ist es möglich, ein gemeinsames Familienalbum zu pflegen.

Fotos erspart dem Nutzer einiges an Verwaltungsaufwand – jedoch nur, wenn der sich voll und ganz auf die Cloud einlässt und gewillt ist, Geld für ein «Speicher-Upgrade» aufzuwerfen. Apple stellt kostenlos nämlich nur 5 GB Kapazität zur Verfügung. Für die typische Fotosammlung reicht das nicht, zumal der iCloud-Speicherplatz auch für Apps, andere Dokumente und die Datensicherung verwendet wird. Viele Anwender sehen daher beim ersten Start der App den Dialog mit Apples iCloud-Speicherplänen: 20 GB gibt es für 12 Franken pro Jahr. 200 GB belaufen sich auf 48 Franken im Jahr. 500 GB sind für 120 Franken und 1 TB für 240 Franken pro Jahr zu haben. Das ist teuer – wenn man bedenkt, dass der Fotodienst Flickr.com seinen Nutzern 1 TB kostenlos anbietet.

Ohne iCloud ergibt die Fotos-App nicht viel Sinn: Eine Möglichkeit, einen anderen (günstigeren) Cloud-Dienst einzubinden, gibt es nicht. Auch ist es nicht möglich, anstelle von Apples Servern einen eigenen Server für den Abgleich zu verwenden – was Cloud-Skeptikern entgegenkäme. Es fehlt auch die Möglichkeit, nur einen Teil der Bilder in die iCloud zu verlagern und beispielsweise ältere Fotos oder Screenshots vom Datenabgleich auszuschliessen.

Es ist immerhin möglich, in den Einstellungen der Fotos-App bei «iCloud» die Option «iCloud-Fotomediathek» abzuschalten: Dann lässt sich die Anwendung ohne Anbindung an die Cloud lokal benutzen, wobei dann der Foto­stream wie gehabt zur Verfügung steht. Dieser Weg entspricht der Art und Weise, wie man bislang mit iPhoto und Aperture gearbeitet hat. Er stellt für erfahrene Anwender dieser beiden Programme jedoch einen deutlichen Rückschritt dar: Sie müssen ein neues Programm erlernen, das ihnen kaum Vorteile bietet und gewohnte Funktionen vermissen lässt.

Quelle: Tages-Anzeiger, Mittwoch, 22. April 2015

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