Datensicherheit

Sind wir in die Spionage-Falle getappt?

Neulich hat ein Bekannter meines Mannes mein iPhone benutzt, um für seine Frau Apps zu laden. Und er hat die SIM-Karte seiner Frau in mein Handy gelegt, um zu «komprimieren». Herr B. hatte vor drei Monaten auch den Mac meines Mannes eingerichtet. Nun habe ich ein komisches Gefühl. War ich dumm? Kann er auf unsere Geräte zugreifen, ohne dass wir es merken?

J. S., Zürich

Es tut mir leid, aber ich muss Ihnen zustimmen: Es war alles andere als klug, Ihre Geräte jenem Herrn B. zu über­lassen, dem Sie offenbar nicht voll vertrauen. Wenn eine Drittperson physische Kontrolle über die Geräte erlangt (und Sie ihm Passwort am Computer bzw. Passcode am Mobilgerät verraten oder die Geräte für ihn entsperren), dann kann er mit Ihren Daten verfahren, wie es ihm beliebt.

Er erhält auch die Möglichkeit, die Geräte nach seinem Gutdünken zu präparieren. Er könnte Daten oder Passwörter stehlen, Programme zur Überwachung und Spionage installieren oder grundsätzlich harmlose Programme zur Fernwartung oder zum Freunde-Finden fürs Stalking präparieren. Es ist darum kein falsches Misstrauen, wenn Sie ­Geräte nur innerhalb der Familie oder für alte Freunde aus der Hand geben.

Wenn Sie darauf angewiesen sind, sich bei Installationen helfen zu lassen, dann beauftragen Sie Leute, die Ihr volles Vertrauen geniessen und die keinen Grund haben, Sie auszuspionieren. Bleiben Sie dabei, wenn die Arbeiten ausgeführt werden, und lassen Sie sich erklären, was der Computerexperte mit Ihren Geräten tut und warum das nötig ist.

Ob Ihr komisches Gefühl berechtigt ist, lässt sich per Ferndiagnose nicht ­erhärten. Es ist möglich, dass ein Computerforensiker verräterische Spuren auf den Geräten finden würde. Ein einmaliger Diebstahl von persönlichen Daten oder von Passwörtern lässt sich, wenn er geschickt gemacht wurde, nicht nachweisen. Wie gross Ihre Sorge sein muss, hängt davon ab, wie lange Herr B. Zugriff auf Ihre Geräte hatte und ob er auch unbeaufsichtigt schalten und ­walten konnte. Die Aussage, Ihre Geräte würden benötigt, für seine Frau Apps herunterzuladen, klingt wenig plausibel und könnte ein Vorwand sein. SIM-Karten müssen bzw. können nicht komprimiert werden – das ist schlichter Unfug.

Was tun? Ein Datendiebstahl liesse sich nur ungeschehen machen, wenn Sie Herrn B. zur Rede stellen und überzeugen könnten, die geklauten Daten zu löschen. Aber ohne Beweise stehen die Chancen auf ein Geständnis schlecht.

Damit Sie wenigstens das Gefühl los sind, weiterhin ausspioniert zu werden, setzen Sie die Geräte neu auf. Dadurch würden allfällige Spionage-Tools mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eliminiert. Also: Sichern Sie Ihre ­Daten und Dokumente auf einem externen Datenträger. Installieren Sie das ­Betriebssystem des Macs neu, und zwar mit vorgängiger Formatierung der Festplatte. Bringen Sie Ihre Daten zurück auf den Mac und installieren Sie Ihre Programme frisch ab Original-Datenträger bzw. -Websites. Setzen Sie die Mobil­geräte mit dem frisch installierten Mac zurück. Und verwenden Sie überall neue Passwörter und Passcodes.

Informationen finden Sie unter bit.ly/osxneuinst und unter bit.ly/iosreset.

SIM-Karten müssen bzw. können nicht «komprimiert» werden. Bild: Getty Images

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 20. Oktober 2014

Rubrik und Tags:

Faksimile
141020 Seite 30.pdf

Die Faksimile-Dateien stehen nur bei Artikeln zur Verfügung, die vor mindestens 15 Jahren erschienen sind.

Metadaten
Thema: Kummerbox
Nr: 11841
Ausgabe:
Anzahl Subthemen: 3

Obsolete Datenfelder
Bilder: 1
Textlänge: 106
Ort:
Tabb: WAHR