Microsoft Die NSA schneidet auch bei Skype mit.

Vertrauen verspielt

Von Matthias Schüssler

Seit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden wissen wir, dass die neun grössten Internetfirmen der USA mit dem Geheimdienst NSA zusammengearbeitet haben. Das ist für die betroffenen Unternehmen ein riesiger Imageschaden. Kann es noch schlimmer kommen?

Ja. Der britische «Guardian» berichtet in der jüngsten Ausgabe, dass Microsoft den Spionen die Hintertür nicht nur zum Maildienst Hotmail.com (heute Outlook.com), sondern auch zu der Netzwerkfestplatte Skydrive geöffnet hat. Microsoft hat geholfen, die Verschlüsselung zu umgehen. Das Überwachungsprogramm Prism kann Mailnachrichten noch vor ihrer Chiffrierung abfangen. Und laut den jüngsten Enthüllungen erhalten die NSA-Analysten selbst beim Internettelefoniedienst Skype, der bisher als abhörsicher galt, inzwischen «das komplette Bild». Sprich: Anrufe können nicht nur mit Ton, sondern auch mit Videobild abgefangen werden. Dies seit dem 14. Juli 2012.

Zugang zu Skype hat die NSA im Februar 2011 erlangt, noch bevor das schwedische Unternehmen im Mai 2011 von Microsoft übernommen wurde. Im letzten Jahr habe sich die Zahl der gesammelten Anrufe verdreifacht, so prahlt der Geheimdienst dem «Guardian» zufolge. Derweil verspricht Microsoft in einer neuen Kampagne: «Ihre Privatsphäre hat Priorität.»

Wer soll das jetzt noch glauben? Die Beteuerung, man habe nur rechtsstaatliche Überwachungsaufträge erfüllt und keine Blanko-Zugriffe zugelassen, klingt hohl. Denn Microsoft hat offenbar Hand geboten, die eigenen Sicherheitsmechanismen systematisch auszuhebeln. Zugang zu ungeschützten Mails ist das eine – doch wenn selbst die Verschlüsselung nicht mehr greift, ist der Vertrauensbruch total.

Die Enthüllungen sind für Microsoft potenziell existenzbedrohend. Sie tangieren nicht nur die Internetdienste – die man zur Not meiden kann –, sondern auch das Kerngeschäft. Microsoft hat erst vor kurzem angekündigt, dass Skype mit Windows 8.1 ins Betriebssystem integriert werden soll. Die korrumpierte Netzwerkfestplatte Skydrive ist bereits eng mit Microsoft Office verwoben. Da ist der Weg zum vorinstallierten Staatstrojaner nicht mehr weit.

Quelle: Tages-Anzeiger, Samstag, 13. Juli 2013

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