In der Hardware liegt Microsofts Zukunft

Mit Software ist je länger, je weniger Geld zu verdienen. Daher sucht Microsoft den Erfolg bei Geräten, Stores und Diensten.

Von Matthias Schüssler

Microsoft ist das grösste Softwareunternehmen der Welt. Windows und Office haben, jedes Kind weiss es, während zwei Jahrzehnten sowohl die geschäftlichen als auch die privaten PC dominiert. Doch mit Software allein wird in Zukunft kein Geschäft mehr zu machen sein. Darum hat Microsoft sein Tätigkeitsfeld neu definiert. «Services and devices», «Geräte und Dienstleistungen», lautet die Losung seit letztem Herbst – unscheinbar und trotzdem prominent platziert im Titel von Microsoft.com.

Software wird als Produkt immer weniger interessant. Daran ist zu einem gewissen Teil Apple schuld. Statt teure Programme für relativ billige Hardware anzubieten, hat Apple den Spiess umgedreht. Die Geräte werden mit grosser Marge verkauft und die Software fast gratis dazugegeben. Sein neustes Betriebssystem gibt Apple für 20 Franken weg, und selbst die vormals mehrere Tausend Franken teure Videoschnittsoftware FinalCut ist heute für 300 Franken zu haben. Die Preispolitik im App Store, wo das Gros der Programme für einen einstelligen Frankenbetrag zu haben ist, tut das Ihre, die Kundschaft auf günstige Preise einzustellen.

Gescheitert an den Herstellern

Wer Hard- und Software aus einer Hand liefert, kann wie Apple die Entwicklung im eigenen Tempo vorantreiben. Microsoft ist mit seinem Partnermodell auf das Wohlwollen der Hardwarehersteller angewiesen. Das ist nicht immer vorhanden, wie sich 2007 bei SideShow zeigte. Diese mit Windows Vista eingeführte Technologie versorgt kleine Displays mit Informationen und hätte bei geschlossenem und abgeschaltetem Laptop auf einer Anzeige im Deckel neue Mails und den nächsten Termin angekündigt. Die Hersteller wollten von SideShow nichts wissen: Sie hätten sich von Microsoft nicht dazu bringen lassen wollen, einzig zu Windows kompatible Geräte zu produzieren, hatte die «Washington Post» 2009 berichtet.

Mit dem Surface stellt Microsoft nun, nach den eigenen Mäusen und der selbst produzierten Spielkonsole, auch eigene Tablet-Rechner her. Microsoft hat Michael Dell Anfang Februar ein Darlehen von 2 Milliarden US-Dollar gewährt, damit dieser sein Unternehmen von den Aktionären hat zurückkaufen können. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass der Softwaregigant mehr Einfluss beim Hardwaregeschäft anstrebt.Microsoft rüstet sich für die Ära nach dem Personal Computer: mit einer Beteiligung an PC-Hersteller Dell, mit einer Allianz mit Nokia in der Mobilfunksparte, mit 31 Retailstores in den USA und in Kanada. Und mit Diensten in der Cloud: Das ist das zweite Standbein in «services and devices». Statt Software zu verkaufen, wandelt sich Microsoft zum Anbieter von Informatikdiensten, an den die Unternehmen ihre ganze Infrastruktur auslagern können. «Software as a service» nennt sich das. Bei der privaten Nutzung sollen Kunden ihre Produkte künftig mieten und nicht mehr erwerben (TA vom 11. 2.).

Dienstleister statt Verkäufer: IBM, die Nummer zwei im Softwaremarkt, hat den Schritt zum Dienstleistungs-, Finanzierungs- und Beratungsunternehmen vollzogen. Im 103. Jahr der Firmengeschichte fährt IBM bestens damit.

Hard- und Software aus einem Guss: Microsofts Tablet Surface. Foto: Matthias Schüssler

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 25. Februar 2013

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