Wenn Microsofties die Fantasie spielen lassen
Mark Russinovich gehört zu den fundiertesten Kennern des Windows-Betriebssystems. Er hat die massgeblichen Fachbücher zu dessen Interna verfasst und arbeitet seit 2006 für Microsoft. Er hat diverse Schadensprogramme aufgespürt, etwa das Rootkit, das Sony 2005 als Kopierschutz in Umlauf brachte. Und er hat erklärt, wie man Hightechviren wie Stuxnet und Flame auf die Spur kommt.
Der Mann weiss also, wovon er spricht – und er schreibt neuerdings auch fiktionale Werke, die sich – wie könnte es auch anders sein – um den Krieg im Internet drehen. In seinem (bislang erst auf Englisch erschienenen) Buch «Zero Day» erlebt Russinovichs Alter Ego Jeff Aiken das Schreckgespenst des Cyberterrorismus: Auf dem transatlantischen Flug bootet der Bordcomputer neu, und im Spital werden die Patientendaten durcheinandergewürfelt.
Russinovich hat sich zwar einige künstlerische Freiheiten genommen, wie er in einem Interview sagt. Doch das Buch sei durch Würmer wie Stuxnet bereits von der Realität eingeholt worden. Dennoch unterscheidet sich «Zero Day» in zentralen Punkten von der Wirklichkeit: So steckt im Roman die al-Qaida hinter den Angriffen. Und im zweiten Jeff-Aiken-Band, «Trojan Horse», führt China einen Cyberkrieg gegen die Welt. Stuxnet ist hingegen westlichen Ursprungs.
Nicht allen gefallen dürfte das simple Gut-böse-Schema. Positiv anzurechnen sind dem Buch die soliden, richtig dosierten technischen Details. (schü.)
Mark Russinovich
Zero Day. Macmillan US, 2012. 328 S., ca. 23 Fr.