Ein Webdienst tritt an gegen die Powerpoint-Monotonie

Mit Prezi.com entstehen Präsentationen, die nichts mit dem üblichen Folienmarathon gemeinsam haben.

Von Matthias Schüssler

«Powerpoint» ist für viele Leute zu einem Synonym für Computerpräsentationen geworden. Und für manche sogar zu einer Art Schimpfwort. Den abgeneigten Geistern gelten die mit Microsoft-Mitteln erstellten Vorführungen als langweilig und uninspiriert. Viele Präsentationen sind denn auch nichts weiter als eine monotone Abfolge von Dutzenden von Folien mit einem uniformen Erscheinungsbild. Es gibt typischerweise einen blauen Hintergrund, weissen Text in Arial und kleine Aufzählungspunkte.

Der Künstler und Architekt Adam Somlai-Fischer gehört zu denen, die mit Powerpoint nicht warm werden. Er tat sich 2007 mit dem Programmierer Peter Halacsy zusammen. Sie entwickelten in Budapest einen neuen Ansatz. Statt vieler Folien nutzt man eine einzige Präsentationsfläche. Auf dieser werden Texte, Bilder und Videos platziert. Bei der Anordnung ist der Anwender frei. Die Elemente lassen sich quer über die Arbeitsfläche verteilen, gross oder klein ziehen, gruppieren oder separieren, drehen oder überlappend anordnen. Der Clou: Die Präsentation besteht in einem vorgegebenen Weg, auf dem man sich durch die Auslegeordnung bewegt. Aus der Abfolge von Folien wird eine Fahrt durch eine Ideenlandschaft.

Präsentation als kreatives Chaos

Das hat wenig mit der geordneten Arbeitsweise von Microsoft Office zu tun. Diese Technik ähnelt vielmehr dem impulsiven Brainstorming mittels Mindmaps. Wer Ideen gern Punkt für Punkt untereinanderschreibt, wird doch lieber Powerpoint die Stange halten. Prezi ist das Werkzeug für Freigeister, die sich von Microsofts Folienvorlagen ausgebremst fühlen und die gerne, in ein Notizbuch kritzelnd, Ideen ausbrüten.

Die bei Powerpoint so beliebten Aufzählungspunkte haben in einer Prezi-Präsentation nichts zu suchen. Statt mit Gliederungen und Hierarchien soll mit der Position, Grösse und der Anordnung der Elemente gearbeitet werden. Wichtige Dinge macht man gross, Nebensachen klein. Bedient wird die Software über ballonförmige Werkzeuge und über das «Zebra-Rad», mit dem man Objekte platziert, skaliert und verändert. Sind die wichtigen Informationen auf der Arbeitsfläche versammelt, wird der Ablauf der Präsentation eingerichtet.

Reise durch Info-Landschaften

Dafür richtet man Pfade zwischen den Elementen ein. Bei der Vorführung wird der sichtbare Ausschnitt entlang des Pfades bewegt. Das Publikum reist durch das Informations-Arrangement. Prezi wechselt bei dieser Expedition in flüssigen Kamerafahrten von Station zu Station. Für Detailbetrachtungen zoomt man auf Elemente, und kreisförmigen Anordnungen folgt die Kamera, indem sie sich ihrerseits dreht.

Die Präsentationen werden über eine Web-Anwendung im Browser erstellt. Vorführungen finden ebenfalls via Browser statt. Zur Präsentation ohne Internetzugang können Präsentationen heruntergeladen werden. Es gibt Prezi in drei Lizenzen: Die Public-Lizenz ist gratis, doch mit ihr werden alle Präsentationen öffentlich. Privatsphäre gibt es mit den Lizenzen Enjoy und Pro für 59 bzw. 159 US-Dollar pro Jahr.

prezi.com

Prezi macht Präsentationen zu Abenteuerreisen. Screen: TA

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 24. Januar 2011

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