Wenn der Kitt aus dem Word-Dokument bröckelt

Verbunddokumente sollen Inhalte aus verschiedenen Programmen kombinieren. Oft halten die Einzelteile jedoch nicht zusammen.

Von Matthias Schüssler

Beim «Lego-Prinzip» entstehen aus simplen Bausteinen komplexe Gebilde. Dokumente am Computer könnten doch auf die gleiche Weise entstehen. Die einzelnen Bausteine sind Grafiken aus der Bildbearbeitung, Diagramme aus der Tabellenkalkulation oder mathematische Terme aus dem Formeleditor, wobei es dem Anwender überlassen bleibt, welche Programme er dafür nutzt. Die einzelnen Elemente fügen sich dann nahtlos zum «Verbunddokument».

Das klingt nach Sciencefiction? Es mag überraschen, dass es dieses Klötzchensystem schon lange gibt. Seit 1992 unterstützt Windows Verbunddokumente. Die Technik heisst «Object Linking and Embedding» (OLE). Apple hat sein Projekt «OpenDoc» 1997 eingestellt.

Wie OLE funktioniert, lässt sich in Microsoft Office, OpenOffice und manch anderem Programm ausprobieren. Zuständig ist der Befehl «Einfügen > Objekt». Er fügt einem normalen Dokument ein fremdes Element hinzu. Er ergänzt ein Textdokument um eine Powerpoint-Folie oder fügt ein QuickTime-Video in eine Präsentation. Letzteres ist möglich, obwohl Powerpoint von Haus aus nichts mit QuickTime anfangen kann. Es ist auch möglich, eine OpenOffice-Tabelle in ein Worddokument einzufügen und umgekehrt.

Lego mit Software-Bausteinen

OLE bietet zwei Wege für das muntere Lego-Spiel. Das Einbetten integriert das Objekt ins Verbunddokument und verschmilzt die Bestandteile. Beim Verknüpfen wird eine externe Datei als Referenz ins Dokument geholt. Die externe Datei kann wie ein normales Dokument bearbeitet werden, Änderungen werden automatisch ins Verbunddokument übertragen. Fürs Einbetten wählen Sie im Dialog «Objekt einfügen» den Typ oder die Option «Aus Datei erstellen». Um zu verknüpfen, klicken Sie auf «Aus Datei erstellen», geben die Datei an und setzen ein Häkchen bei der Option «Verknüpfung».

Eingebettete oder verknüpfte Elemente bearbeiten Sie, ohne das Verbunddokument zu verlassen. Mit einem Klick der rechten Maustaste auf das Objekt erscheint das Menü, das Befehle zur Bearbeitung bereitstellt. Das eingebettete Element wird entweder in einem separaten Fenster geöffnet, oder aber im Ursprungsprogramm.

Obwohl die Verbunddokumente seit 17 Jahren existieren und unbestreitbare Vorteile haben, führen sie ein Mauerblümchendasein. Das liegt zum einen daran, dass viele Anwender schlicht nicht verstanden haben, wie das Computer-Lego funktionieren soll. Von der Einfachheit des dänischen Klötzchenspiels ist bei Microsoft nichts übrig geblieben.

Datenaustausch als Falle

Vor allem aber ist der Kitt in den Verbunddokumenten nicht so stabil, wie er sein müsste: Die Verknüpfungen gehen bei der Weitergabe von Dokumenten gern verloren. Eingebettete Objekte lassen sich oft nicht bearbeiten, weil die passende Anwendung fehlt oder in der falschen Version vorliegt. Zudem bringt ein Verbunddokument mit vielen Elementen den Rechner schnell an den Rand seiner Leistungsfähigkeit. Das kann selbst heute passieren, aber 1992 waren die Computer den Anforderungen nicht gewachsen – der Ruf von OLE war ruiniert.

Wegen der Schwächen hat das «Linking and Embedding» den Durchbruch nicht geschafft. Wenn man den Stolpersteinen aus dem Weg geht, kann man dennoch viel Zeit damit sparen. OLE eignet sich für kurze bis mittlere Dokumente, an denen häufig Änderungen vorgenommen werden und die nicht zusammen mit anderen Anwendern genutzt werden.

SCREEN TA

Powerpoint-Folie ist in Word bearbeitbar.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 19. Januar 2009

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