TIPP DER WOCHE

PC-Kummer wird nicht weniger

Der Jahresrückblick der «Kummerbox» zeigt: 2005 waren die digitalen Geräte fehleranfällig wie eh und je.

Von Matthias Schüssler

Der anstandslos und absturzlos arbeitende Computer lässt weiter auf sich warten. Der technische Fortschritt liess sich auch 2005 nicht aufhalten, perfekte Rechenmaschinen hat uns aber auch dieses Jahr nicht gebracht. Im Gegenteil: Die «Kummerbox» verzeichnete so viele Anfragen wie noch nie; rund 3200 Leserfragen hat der Computer-Troubleshooter des «Tages-Anzeigers» beantwortet (+15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Und es gab viel mehr verzwickte Fälle als früher.

Und das, obwohl bei neuen Computern vieles einfacher ist: Das Internet oder einen Drucker in Betrieb zu nehmen, ist längst nicht mehr so kompliziert wie früher. Mit einem Mangel an Arbeits- oder Festplattenspeicher hat niemand mehr zu kämpfen. Hingegen bleibt es keinem PC-User erspart, sich mit Antivirenprogramm und Firewall herumzuschlagen.

Mehr Sicherheit – und mehr Ärger

Gerade Sicherheitsprogramme sind es, die Anwender immer mehr Zeit und Nerven kosteten: Spamfilter bringen Mails zum Verschwinden, die Firewall gerät dem Browser in die Quere, die Antivirensoftware bremst Office aus. Das Service Pack 2 für XP hat diverse irrationale Reaktionen parat. Und das Windows-Update, das Windows sicherer und robuster machen sollte, ist häufig vor allem für nichts sagende Fehlermeldungen gut.

Wenn sich ein aggressives Spywareprogramm im Betriebssystem festgefressen hat, dann sind selbst Windows-Profis aufgeschmissen. Die Spionageprogramme nutzen alle Möglichkeiten des Betriebssystems, sich der Beseitigung zu entziehen. Mit so viel List und Tücke hat man bei Microsoft offensichtlich nicht gerechnet. Fast jede zehnte «Kummerbox»-Anfrage drehte sich um einen Spion, der aus dem Internet kam. Trotz des Antispyware-Programms, das man inzwischen bei Microsoft herunterladen kann (Microsoft Antispyware, Infos: www.microsoft.com/athome/security/spyware), bleibt Windows ein wahres Tummelfeld für übel beleumundete Software.

«Kummerbox»-Fragesteller erhalten auf ihr Hilfegesuch immer häufiger ein ganzes Bündel an Lösungsvorschlägen. Auch für scheinbar simple Probleme gibt es eine Reihe von «üblichen Verdächtigen», die nacheinander unter die Lupe genommen werden müssen. Dabei sehen sich auch ungeübte Anwender mit komplizierten Systemwerkzeugen konfrontiert und müssen mit Tools hantieren, die Microsoft eigentlich für sachkundige Systemadministratoren konzipiert hat. Eine offensichtliche Fehleinschätzung: Im Homeoffice ist jeder sein eigener Systemadministrator.

Haarige Videodetails

Die Vergrösserung des digitalen Geräteparks eröffnet viele neue Fehlerquellen. Zu dem Computer gesellen sich iPod, Digitalkamera und Smart-Phone. (Zum iPod gab es 2005 fast dreimal so viele Anfragen wie im Vorjahr.) Die Interaktion der vielen digitalen Gadgets verläuft nicht immer so reibungslos, wie die Hersteller suggerieren. Gerade die neue Generation der mobilen Multimediaplayer stellt die Anwender vor grosse Herausforderungen. Einen Film für den Videowinzling aufzubereiten, ist eine Wissenschaft für sich. Wenn sich Probleme einstellen (und die stellen sich unweigerlich ein), kommt man nicht umhin, sich mit haarigen Details aus der Welt der digitalen Videoformate zu beschäftigen.

Knoten im Netzwerkkabel

Genauso geht es Leuten, die ein Heimnetzwerk betreiben. Damit teilen sich der PC von Papa und das iBook der Tochter eine Leitung ins Internet. Aber wehe, wenn im Rechnerverbund der Wurm drin ist. Anfragen zu diesem Thema haben im letzten Jahr um 43 Prozent zugenommen. Patentrezepte dürfen auch Privatnetzwerker nicht erwarten. Nur wer sich mit der grundlegenden Funktionsweise eines Netzes vertraut macht, löst den Knoten.

Der «Kummerbox» wird auch 2006 der Nachschub nicht ausgehen. Man darf gespannt sein, ob Windows Vista, der für das nächste Jahr angekündigte XP-Nachfolger, daran etwas ändert.

BILD JOHN TURNER/STONE

Es ist und bleibt zum Verzweifeln: Computer und ihre Marotten.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 19. Dezember 2005

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Thema: Tipp der Woche
Nr: 6702
Ausgabe: 05-1
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