Auditive Glücksgefühle

Die im Digital Sushi vom 7. November besprochene Creative-Soundkarte (siehe Beitrag «Von Creative gibt es Raumklang auf die Ohren») ist in der Redaktion eingetroffen und hat für einen näheren Hörtest ihren Weg in einen Rechner gefunden. Der Hörtest mit eigener Musik stützt das positive Fazit der ersten Hörprobe. Es ist aber keinesfalls so, dass ich dich, geschätzte Leserschaft, dazu aufrufen würde, augenblicklich deinen Computer aufzuschrauben, vorhandene Soundkarten herauszurupfen und Knall auf Fall eine X-Fi reinzuschrauben. Das absolute auditive Glücksgefühl stellt sich auch mit Creative nicht zwingend ein. Letztes Wochenende habe ich bei einem hifimässig exzellent ausgestatteten Freund Musik gehört: Sie kam von Schallplatte, wurde von einem Röhrenverstärker amplifiziert und von zwei Boxen mit je mindestens zwei Kubikmeter Volumen wiedergegeben. Ein wohltuendes Erlebnis, wenn man seinen Ohren ansonsten hauptsächlich digitale Sounds, MP3-Tracks und DVD-Tonspuren zuführt. Diese Erfahrung bringt mich nun nicht dazu, in das hohe Lied einstimmen, Schallplatten seien die einzig wahren Musikkonserven. Aber altmodisches Vinyl vermittelt halt doch eine ganz urtümliche Leidenschaft. Weswegen ich mir die Wohnung aber noch lange nicht mit Monsterboxen zustellen werde.

Also mit einer banalen Erkenntnis zurück zur Sache: Hörgewohnheiten sind unterschiedlich und eine individuelle Sache. Und ich persönlich bin für unterschiedliche Hörerlebnisse zu haben. Das Reine und Analoge hat seine Berechtigung, doch ich halte es für kein Sakrileg, meine Ohren ab und an mit akustischem Zuckerguss zu verzärteln. Also wieso nicht zusammenkomprimierte MP3-Stücke mit dem «Crystalizer» aufpeppen oder die CMSS-3D zur Erzeugung eines (synthetisch) generierten Raumerlebnisses nutzen? Das ist, im Gegensatz zu synthetisch generierten Rauscherlebnissen ungefährlich. Und jeder weiss, dass es bloss Effekthascherei ist. Wenn auch sehr gut gemachte. Aber wieso soll ich den Puristen raushängen lassen, wo ich im Migros Halbfertigprodukte kaufe und mir meine Unterhosen nicht aus eigens gewebtem Tuch selber nähe?

Die X-Fi klingt sogar durch die Billigst-Lautsprecher in meinem Monitor druckvoll und satt. Der Crystalizer macht die Bässe und Highheads bei Stephan Eicher «Les Filles du Limmatquai» eindeutig knuspriger, verstärkt allerdings auch das Rauschen. Bei Metallica und «The Unforgiven» darf man ihn auch getrost zuschalten, Raumklang brauchts hier aber nicht. Apropos Raumklang: Bei diesem im ersten Artikel lobend erwähnten Feature gilt es zu differenzieren: Ob er sich einstellt, hängt vom Kopfhörer ab. Die kleinen, im Ohr getragenen Stöpsel eignen sich nicht für den Effekt. Man braucht offene Hörer, die auf der ganzen Ohrmuschel aufliegen… So ausgestattet, kann ich «On track» von Yello empfehlen. Oder auch das ganze Album «Pocket Universe»… geil… ahhh!

Quelle: Newsnetz, Montag, 12. Dezember 2005

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