Automatische Abläufe

Verschiedene Hilfsprogramme versprechen, komplexe Arbeitsabläufe ohne Programmieraufwand zu automatisieren. Halten können die Tools diese Zusicherung aber nur teilweise. Tools wie Automate oder Quickeys versprechen, auch ohne Programmierkenntnisse zu funktionieren. Der Computerworld-Tester hat diese Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Die Testübersicht und Links zu den demoversionen findet man am Schluss des Artikels.

Power-User unterscheiden sich von normalen Anwendern in einem wichtigen Punkt: Während der normale Benutzer seinen Rechner so hinnimmt, wie er ist, will der Power-User, sein Werkzeug für die eigenen Bedürfnisse zurechtbiegen. Dazu gehört, monotone, immer wiederkehrende Arbeitsschritte zu automatisieren. Er bastelt sich also Batchdateien, die ihm Mausklicks ersparen, oder programmiert kleine Anwendungen, setzt Skriptsprachen ein und nutzt die Makro-Funktionen von Office und Co. Diese Form der Arbeitserleichterungen steht nur den Power-Usern offen. Denn erst, wer versteht, wie Software tickt, kann sich Automatisierungstools zu Nutze machen.

Nun versprechen Tools wie Automate oder Quickeys, es bräuchte keine Programmierkenntnisse, um Routineabläufe an den Rechner zu delegieren. Die beiden Hilfsmittel verfolgen diesen Anspruch auf ähnliche Art und Weise. Sie propagieren das «Task Building» mittels Maus: Aus einer langen Liste von Befehlen wählt man den passenden aus, zieht ihn per Maus ins Ablauffenster und passt ein paar Parameter an. So kann man sich aus Versatzstücken seinen Befehlsablauf zusammenbauen. Das Bauklötzchen-Prinzip hat Vor- und Nachteile. Auch ein geübter Programmierer wird prinzipiell schneller arbeiten, wenn er auf vorgefertigte Funktionen zurückgreifen kann. Denn bei an sich simplen Aufgaben dauert es länger, eine Batchdatei oder ein Skript zu entwickeln, als vorhandene Elemente in die richtige Reihenfolge zu bringen. Die «Trigger», also die Möglichkeit, Skripte an vielfältige Auslöser zu knüpfen und aufgrund eines bestimmten Ereignisses automatisch zu starten, sind auch für gestandene Entwickler ein guter Grund, von Automatisierungs-Werkzeugen zu profitieren. Der Nachteil dieser Tools liegt in der beschränkten Flexibilität. Man ist auf die gebotenen Funktionen beschränkt. Ein aus Fertigbauteilen zusammengesetzter Ablauf wird auch nur relativ lineare, statische Aufgaben lösen können. Sobald der Automatisierungsprozess auf wechselnde Bedingungen reagieren oder variable Inhalte verarbeiten sollte, wird es knifflig.

In Quickeys sind Programmsteuerungsmöglichkeiten wie Schleifen oder Verzweigungen nur zum Teil vorhanden. Automate dagegen setzt sich das hehre Ziel, die Einfachheit eines Task-Builders mit den Möglichkeiten einer Programmiersprache zu verbinden. Wer will, kann in Automate Variablen oder Schleifen nützen. Es gibt auch eine Skriptsprache namens Automate Basic, die zu VBA (Visual Basic for Applications) kompatibel ist.

Fundus vorgestanzter Funktionen

Automate bietet einen fast unüberschaubaren Fundus an pfannenfertigen Funktionen, die per Maus zu einem Task zusammengepuzzelt werden können. Aus einer Reihe von Kategorien wählt man die passende Aktion und bringt sie im Task-Editor in den richtigen Ablauf. Das Funktionsangebot von rund 150 Aktionen dürfte für die allermeisten Aufgaben ausreichen. Im Bereich des Dateimanagements findet man beispielsweise nicht nur die Funktionen fürs Kopieren, Umbenennen, Verschieben oder Löschen, sondern kann auch Attribute festlegen, Dateien lesen oder schreiben und Ordnerinhalte synchronisieren. Die Funktionen fürs Dateimanagement reichen aus, um etwa ein einfaches Backup zusammenzuklicken. Der erste Schritt besteht dann aus dem Befehl «Kopiere mir alle Dateien von Laufwerk A auf Laufwerk B, aber nur wenn das Archiv-Bit gesetzt ist.» Danach folgt «Lösche das Archiv-Bit.»

Dieser Ablauf liesse sich auch über eine Batch-Datei realisieren. Gilt es aber, die gesicherten Daten zusätzlich Platz sparend als ZIP-Datei abzulegen, wird es für den Batch-Programmierer aufwendig. Und wenn die Daten abschliessend auf einen FTP-Server geladen werden, wird es noch anspruchsvoller. Bei Automate sind beide Aktionen dank entsprechender Funktionen kein Hexenwerk. Andere Möglichkeiten dieser Software wären beispielsweise die Überwachung der Prozesse, die auf einem Server ausgeführt werden. So können per Skript abgestürzte Tasks beendet oder neu gestartet werden. Windows-Dienste lassen sich an- und abschalten. Es lassen sich per Skript Daten aus Datenbanken extrahieren oder einfügen. Für diesen Fall beherrscht Automate auch SQL- (Structured Query Language) oder ODBC-Funktionen (Open Database Connectivity). Ein Task kann an eine Reihe von Auslösern geknüpft werden, wobei kaum Wünsche offenbleiben. Der Start darf zeitgesteuert erfolgen, anhand von Log-Einträgen, bei bestimmten Programm- oder Dateiaktivitäten oder aufgrund der Systemauslastung. Über SNMP (Simple Network Management Protocol) lassen sich Skripte zudem in andere Tools integrieren.

Version 6 von Automate hat für den Einsatz im Netzwerk dazugelernt. Tasks lassen sich zum einen über das «Network Deployment» auf Client-Maschinen schicken. Zum anderen ist auch Fernwartung möglich. Über eine sichere TCP/IP-Verbindung lassen sich Tasks konfigurieren, bearbeiten und überwachen. Automate ist somit nicht unbedingt für Aufgaben gedacht, die sich auf keinem anderen Weg erledigen lassen. Aber die Software ist ein Ersatz für eine grosse Sammlung an Tools und integriert sie unter einer Oberfläche.

Vormachen und nachahmen

Quickeys hat entfernte Ähnlichkeit mit dem Makrorekorder aus Windows 3.1. Ähnlich wie dieser speichert es Mausbewegungen und -klicks sowie Tastatureingaben als Aktionen, die bei Bedarf wieder abgespult werden können. Das Konzept besticht durch seine Einfachheit. Leider ist der Computer aber ein relativ unbegabter Nachahmer. So gehen Klicks ins Leere, wenn Eingabefelder nicht mehr am gleichen Ort erscheinen, wo sie bei der Aufzeichnung waren: Drag-und-Drop-Aktionen oder das Umschalten auf ein anderes Programm per Taskleiste sind beispielsweise fehleranfällige Unterfangen. Aufgezeichnete Aktionen lassen sich schlecht von den Aufzeichnungsbedingungen abstrahieren, sodass Quickeys längst auch Assistenten bietet, die analog zu den Aktionen funktionieren. So kann man für eine Reihe von Tätigkeiten die zuverlässigen Programmfunktionen nutzen und braucht sich nur dort auf aufgezeichnete Maus- und Tastatureingaben zu verlassen, wo kein Assistent zur Verfügung steht. Das ist soweit praktikabel. Allerdings ist das Konzept von Automate klarer und einleuchtender. Man muss Quickeys aber den niedrigen Preis zugute halten. Ausserdem gibt es Funktionen, die man bei Automate vergeblich sucht, etwa zum Ändern der Grafikauflösung oder zum Erstellen eines Screenshots.

Etwas weniger Monotonie

Quickeys ist also weniger für Administratoren ausgelegt als vielmehr für Power-User, die ihr Arbeitsgerät möglichst effizient nutzen wollen. Automate dagegen stellt ein potentes Werkzeug für Systemadministratoren dar und bringt echte Zeitersparnis. Nebst den klassischen Administratoraufgaben gibt es dank des grossen Funktionsumfangs eine Reihe von anderen Einsatzgebieten wie Softwareentwicklung, Webdesign oder in der grafischen Industrie. Mit Automate kommen auch relativ unerfahrene Anwender schnell auf einen grünen Zweig. Insofern stimmt das Versprechen bezüglich der nicht benötigten Programmierkenntnisse. Wer dem Thema Automatisierung gegenüber aufgeschlossen ist, wird mehr oder minder einfache Aufgaben lösen können. Für komplexere Tasks kommt man um Variablen, Schleifen oder Wenn-dann-Bedingungen nicht herum. Dann sind wie seit eh und je Programmierkenntnisse gefragt.

Automate 6 Herstellerin: Network Automation Preis: rund 1220 Franken Vorteile: Einleuchtendes Konzept, klarer Programmaufbau, keine grosse Einarbeitung nötig, grosser Fundus an Aktionen, diverse Trigger, Netzwerkfunktionen, praktisches Debugging. Nachteile: Wenig aussagekräftige Fehlermeldungen, teuer.

http://www.networkautomation.com/

Zur Demoversion von Automate 6

Quickeys 2.5 Herstellerin: Startly Technologies Preis: rund 130 Franken Vorteile: Einfaches Aufzeichnen, günstig, Assistenten auch für Spezialbedürfnisse. Nachteile: Aufgezeichnete Skripte fehleranfällig und unübersichtlich, verbesserungsfähige Oberfläche, Starten nur über Tastenkürzel, Symbolleisten, Menüs oder Zeitsteuerung.

http://www.quickeys.com/

Zur Demoversion von Quickeys

Quelle: Computerworld, Mittwoch, 15. Juni 2005

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Thema: Softwaretest
Nr: 5888
Ausgabe: 05-24
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