Broschüren und Booklets in Eigenproduktion

Ausschiessen ohne Ausschuss

Broschüren in Kleinauflagen selber zu drucken ist keine Hexerei – wenn man die richtige Hilfe beim Aufbereiten der Druckjobs hat. Tools zum Ausschiessen übernehmen das Anordnen der Seiten auf den Druckbögen, sodass man in Zeiten des Digitaldrucks nicht mehr zu Schere und Klebstoff greifen muss.

MATTHIAS SCHÜSSLER Wie macht man mit seinen Druckerzeugnissen Eindruck? Natürlich durch den Inhalt, der klug, relevant und überraschend sein soll. Wichtig ist aber auch die Aufbereitung und das äussere Erscheinungsbild der Publikation.

Klar, man kann in Kleinauflagen produzierte Veröffentlichungen als Stapel von A4-Blättern abgeben. Das dient dem Zweck und eine Heftklammer in der linken oberen Ecke sorgt dafür, dass die «Publikation» nicht auseinanderfällt.

Eine Broschüre macht, ganz ohne Frage, einen professionelleren Eindruck. Selbst wenn es nicht um prestigeträchtige Informationen geht und nicht der Jahresbericht des Unternehmens zu präsentieren ist, sondern vielleicht nur ein Seminarprogramm oder die interne Hauszeitung, hat der Leser lieber ein geheftetes Druckwerk in der Hand. Wenn bei einer Broschüre ein festerer Umschlag Halt gibt und die Blätter nicht lose flattern, wird der Leser dem Inhalt mehr «Kredibilität» zubilligen. Schliesslich gemahnt das Werk an ein gebundenes Buch und nicht an ein Sammelsurium von Wegwerf-Informationen.

Jonglieren mit den Seiten

Dass viele Leute dennoch lieber die Finger von Broschüren lassen, liegt am aufwändigen Erstellungsprozess. Zwar ist jeder Laserdrucker mit Duplexfunktion geeignet, Broschüren zu produzieren, die in der Mitte gefaltet und geheftet werden. Die Crux liegt beim Aufbereiten des Druckjobs: Wer A4-Seiten bedruckt und zu einem Booklet broschiert, der kann nicht einfach auf das Druck-Symbol klicken. Damit die Reihenfolge der Seiten in der Broschüre noch stimmt, müssen sie entsprechend auf den Druckbogen angeordnet werden: Auf dem ersten Blatt Papier kommt links die erste Seite der Publikation zu liegen, rechts die letzte Seite. Auf der Rückseite dann die zweite und zweitletzte Seite – und so weiter.

Doch die Umstellung der Seitenreihenfolge ist nicht die einzige Anpassung, die für ein Booklet notwendig sind: Die Seiten müssen skaliert und gedreht werden. Je nach Dicke des Hefts ist der Bundzuwachs zu berücksichtigen und falls es die Duplex-Einheit des Ausgabegeräts verlangt, müssen die geraden Seiten umgedreht werden. Da verliert man leicht den Überblick und wählt dann doch die simple Methode und bringt seine Informationen als Papierbündel an den Mann und die Frau.

Dabei ist der Broschürendruck keine Hexerei. Zwar enthalten weder Betriebssysteme, noch Druckertreiber, noch Layoutprogramme eine Funktion zum Ausschiessen. Aber es gibt Programme, mit denen man recht komfortabel ans Ziel kommt. Es bleibt jedoch zu kritisieren, dass die Hersteller dieser Programme immer davon ausgehen, dass die Anwender Erfahrungen aus der Druckvorstufe mitbringen. Dass Personen aus dem Bereich des Office- und Inhouse-Publishing nicht unbedingt mit den Fachbegriffen vertraut sind, wird ignoriert. Das ist ein Fehler; eine benutzerfreundliche Software könnte sich im Office-Bereich eine grosse Zahl von Anwendern erschliessen.

Das Distiller-Prinzip

Eine löbliche Ausnahme, was die Benutzerfreundlichkeit angeht, ist Dots Pilot 2: ein Ausschiessprogramm, das sich als Druckertreiber im System installiert. Über diesen Treiber druckt man – wie mans vom Acrobat Distiller kennt – seine Broschüren aus beliebigen Anwendungen. Wenn das auszugebende Dokument als PDF oder Postscript-Datei vorliegt, kann man Dots Pilot 2 auch als eigenständige Anwendung starten, die dann die Aufbereitung des Druckjobs vornimmt.

Die Bedienung ist soweit unkompliziert. Ein Assistent führt durch den Prozess, und Hintergrundinformationen liefert das Programmhandbuch. Dieses zeigt die verschiedenen Möglichkeiten in Form von grafischen Ausschiessschemen, sodass keine Fragen offen bleiben. In unserem Test arbeitete Dots Pilot 2 anstandslos – potenziell fehleranfällig ist das Arbeiten mit PDF-Dateien, wenn wiederum PDFs generiert werden. Bekanntlicherweise kann es beim erneuten Distillern zu Problemen mit den Dokumentschriften kommen.

PDFs ummodeln

Wenn ausschliesslich mit PDF-Dateien gearbeitet werden soll, ist JoUp eine gute Wahl. Es handelt sich dabei um ein Plug-in für Adobe Acrobat, das PDF-Dateien ummodelt – d.h. die Seiten im Dokument entsprechend umstellt. Das Produkt arbeitet mit Acrobat 5 und Acrobat 6 zusammen. Es ist nicht eben benutzerfreundlich, sondern muss beispielsweise von Hand installiert werden. (Dazu ist die Datei «JoUp.api» in den im Acrobat-Verzeichnis vorhandenen Ordner «plug_ins» zu kopieren.)

Auch die Funktionsweise erschliesst sich dem Benutzer nicht auf Anhieb. Der Autor nennt die Bedienung seines Produkts zwar «einfach und intuitiv», aber das braucht man nicht zu glauben. Das Konzept des Programms hat seine Stärken, verlangt dem Benutzer aber einiges an Einarbeitung ab. Zentral bei JoUp sind die Vorlagedateien. Sie geben das Ausschiessschema vor und bestimmen den Bundsteg, die Ränder und Schneidemarken – und vieles mehr.

Hat man seine Vorlagedatei wunschgemäss erstellt, dann sind keine Klickmarathons durch die Dialoge eines Softwareassistenten mehr nötig: Man wählt zuerst die zu druckende Satzdatei, klickt in Acrobat in der JoUp-Palette auf die Schaltfläche «Ausschiessen», wählt dann seine Vorlagedatei und lässt Acrobat gewähren. Als Resultat erhält man eine entsprechend umgestellte PDF-Datei, die sich drucken oder auch belichten lässt. Der Preis von 499 Euro ist happig; bei häufigem Einsatz jedoch schnell zu amortisieren. Über die Vorlagedateien kann man präziser, flexibler und schneller arbeiten als mit den anderen Programmen, die mehr oder weniger vielfältige Ausschiess-Modi und Parameter anbieten.

Eine praktische Lösung bietet auch das Plug-in InBooklet aus dem Adobe «PageMaker Plug-in Pack» – allerdings nur dann, wenn für die Broschüren-Produktion ausschliesslich InDesign zum Einsatz kommt. InBooklet ist ein «Einsteckmodul» für InDesign und druckt ausgeschossene Dokumente. Auf Wunsch ist es auch möglich, eine Satzdatei mit umgestellter Seitenreihenfolge zu speichern. Das Plug-in ist nützlich; allerdings verwendet es eine Terminologie, die nur Druckdienstleistern geläufig ist und mit der ein Office-Anwender auf Anhieb nichts anfangen kann. Dank der Vorschau-Funktion geht das Experimentieren dennoch ohne allzu schlimmen Papierverschleiss vonstatten.

Das Plug-in InBooklet hat Adobe von Alap hinzugekauft. Die SE-Version des «PageMaker Plug-in Pack» enthält nicht den gesamten Funktionsumfang; die Vollversion ist für 99.99 USD bei www.alap.com erhältlich.

Bunter Features-Strauss

Speziell für die Bedürfnisse des Office-Publishing zugeschnitten ist Fineprint. Dieses Programm installiert sich wie Dots Pilot 2 als Druckertreiber im System, und enthält eine bunte Palette an nützlichen Druckfeatures. Zum Papiersparen lassen sich mehrere Seiten auf ein Blatt ausdrucken – praktisch, wenn der angestammte Druckertreiber keine solche Option bietet. Ausserdem können Seiten mit Ränder ausgestattet, weitere Angaben wie Druckzeit, Computer- oder Druckername in den Ausdruck integriert oder Wasserzeichen hinterlegt werden. Ebenfalls nützlich: Die Möglichkeit, den Text aus einem Druckjob zu «extrahieren», d.h. in die Zwischenablage zu kopieren oder Druckjobs ohne die Bilder auszugeben. Um ein Booklet auszugeben, braucht nur die entsprechende Option angekreuzt zu werden – ein Assistent, der bei der ersten Verwendung eines Druckers zu durchlaufen ist, sorgt dafür, dass Fineprint z.B. über das Papierhandling des Ausgabegeräts Bescheid weiss und beim beidseitigen Druck für die Rückseite die richtige Orientierung wählt. Die Vorschau-Funktion von Fineprint zeigt nicht das Ausschiessschema, sondern den normalen Seitenablauf.

Übrigens: Hefter für die Produktion von Broschüren mit Sattelheftung gibts ab etwa vierzig Franken. Beispielsweise das Leitz Heftgerät 5560 bei www.officeprofi.ch.

Das Ausschiessschema für eine achtseitige Broschüre.

Schritt eins, um mit dots Pilot 2 ein Booklet zu erstellen: Die Druckvorlage wird gewählt. Sie kann als PDF oder als Postscript-Datei vorliegen. Es ist aber auch möglich, direkt aus Anwendungen mit dem dots-Pilot-Druckertreiber zu drucken.

Schritt zwei: Das Druckerzeugnis ist zu wählen. Bei gehefteten Broschüren werden Vorder- und Rückseite der Blätter so bedruckt, dass sie in der Mitte gefaltet und ineinander gelegt werden können. Bei der gebundenen Broschüre («cut & marry») werden die Blätter in einzelne Stapel zerschnitten, aufeinandergelegt und am Rücken geleimt oder gelocht.

Im nächsten Schritt wird die Grösse des Endprodukts bestimmt, d.h. in diesem Fall eine A5-Broschüre. Auch die Anordnung von mehr als zwei Seiten auf einem Bogen ist möglich. Im nachfolgenden Schritt des Assistenten (nicht abgebildet) werden der Bundzuwachs, Formatanpassungen, Seitenplatzierung und Passer- und Schnittmarken definiert.

Im letzten Schritt geht es um die Ausgabe: Die Broschüre kann direkt auf den Laserdrucker geschickt werden.Es ist aber auch möglich, eine PDF-Datei zu erstellen. Je nach Duplex-Einheit des Ausgabegeräts ist hier die Option «Rückseite drehen» anzugeben, damit die geraden Seiten nicht Kopf stehen.

Broschüren mit JoUp: Das Schema (links) gibt Seitenablauf, Rand, Lage und Steg vor. Rechts die ausgeschossene PDF-Datei.

Mit InBooklet SE startet man den Broschürendruck direkt aus InDesign. Der Einstellungsdialog ist allerdings nicht das, was man «selbsterklärend» nennen würde.

Die Vorschaufunktion vermeidet Makulatur.

Quelle: Publisher, Donnerstag, 6. Januar 2005

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Thema: Fokus
Nr: 6325
Ausgabe: 05-1
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