Aus Vinyl wird eine MP3-Datei

Was es braucht, um die Schallplattensammlung oder Kassetten auf den Computer und in den digitalen Player zu bekommen.

Von Matthias Schüssler

Original-Einleitung:
Ein MP3-Player ist ein hungriges Gerät; es schluckt Hunderte oder Tausende Musikdateien. Um es zu füttern, lädt sein Besitzer digitale Musik aus dem Internet – illegal oder bei einem Musikdienst mit Urheberrecht-Abgeltung. Auch Schallplatten- oder Tonbandsammlungen liefern Nachschub für iPod oder andere digitale Walkmen. Die analogen Musikschätze ins digitale Zeitalter hinüber zu retten, ist nicht schwierig. Damit aus Vinyl oder Tonband eine MP3-Datei wird, brauchts ein Kabel und eine Aufnahmesoftware.

Umgeschriebene Einleitung:
Sie stehen unberührt im Gestell und doch bringt man es nicht übers Herz, sie zu entsorgen: die alten Schallplatten. Zu viele Erinnerungen sind an sie geknüpft, man müsste sie einfach auf CD haben. – Nichts leichter als das. Überraschen Sie die Liebsten doch an Weihnachten mit einer digitalen Version der alten Lieder. Damit aus Vinyl oder Tonband eine MP3-Datei wird, brauchts ein Kabel und eine Aufnahmesoftware.

Und, zumal bei einer grösseren Anzahl Tonträger, viel Geduld: Die Aufnahmen werden nämlich nicht wie beim Kopieren von Audio-CDs mit mehrfacher Geschwindigkeit übertragen, sondern in «Echtzeit»: Platten oder Kassetten werden auf der Stereoanlage abgespielt und mit dem PC aufgezeichnet.

Für Verbindung sorgen

Ein Audio-Kabel führt das Tonsignal von der Stereoanlage in den PC. Die passende Strippe ist in jedem Hifi-Fachgeschäft für wenig Geld erhältlich; zu achten gilts auf die richtigen Anschlüsse. Für den Anschluss am Ausgang der Stereoanlage (meist mit «Aux», «Dat out» o. Ä. beschriftet) brauchts meist einen so genannten Cinch-Stecker. Der «Line-in»-Eingang der Computer-Soundkarte ist für einen kleinen Klinkenstecker ausgelegt. Unsicherheiten beseitigt der Fachhändler mit Hilfe der Handbücher von PC und Stereoanlage.

Für Notebooks ohne Line-in-Anschluss gibt es USB-Audio-Adapter: zum Beispiel das externe Soundmodul Audigy von Sound-Blaster NX (rund 215 Franken). Wer viele Platten zu digitalisieren hat, sollte sich den Kauf einer hochwertigen Soundkarte überlegen. In PCs von der Stange sind preiswerte Klangchips eingebaut. Sie erfüllen den Dienst – doch anspruchsvolle Ohren kommen nicht auf ihre Rechnung.

Sind Computer und Stereoanlage verbunden, ist der Sound-Editor gefragt. Er ist dazu da, das Tonsignal aufzuzeichnen und jeden überspielten Song als eigene Datei zu speichern, die Lautstärke anzupassen und die Stille am Anfang und Ende eines Stücks wegzuschneiden. Mit Audacity gibt es einen leistungsfähigen kostenlosen Editor, der alle diese Aufgaben beherrscht.

Nicht nur das: Die Filter im Menü «Effekt > Rauschentfernung» frischen die Tonqualität auf, indem die typischen Störgeräusche von Bandaufnahmen herausgerechnet werden. Wer an die Unperfektion der analogen Musikwelt gewöhnt ist und Knacksen und Rauschen als anheimelnd empfindet, darf gern auf die akustische Verjüngungskur verzichten.

http://Audacity.sourceforge.net
Schritt-für-Schritt-Anleitung zu Audacity:
www.kummerbox.ch

Audacity: Politur für die Songs.

BILDER SCHÜ.

Stereoanlage anzapfen …

… und den PC mit Sound füttern.


Zusatzinformationen zum Beitrag vom 8.11.2004: LPs und Kassetten digitalisieren

Aufzeichnen mit Audacity

Der Audio-Editor Audacity ist kostenlos, und trotzdem ein fast komplettes Tonstudio in Softwareform. Der Tausendsassa hilft, analoge Tonträger zu digitalisieren und aufzubereiten.

Audacity beherrscht alle Funktionen, die fürs Aufzeichnen und Bearbeiten von Sounddateien nötig sind. Neben «einfachen» Funktionen wie dem Überspielen von Schallplatten- oder Kassettenaufnahmen ist Audacity auch anspruchsvollen Aufgaben gewachsen und kann beliebig viele Tonspuren speichern und abmischen und stellt viele Effekte zum Filtern, Verfremden und Aufbereiten von Tonaufnahmen zur Verfügung.

Trotz seiner Leistungsfähigkeit ist Audacity verhältnismässig einfach zu bedienen. Sind Stereoanlage und Computer per Kabel verbunden, reicht ein Mausklick auf die grosse rote Aufnahmetaste, um das Tonsignal als Audiodatei auf der Festplatte aufzuzeichnen – sofern alles richtig eingerichtet ist. Die folgende Checkliste zeigt, wo Sie ansetzen müssen, damit alles klappt.

Signalquelle (Eingangsquelle) wählen: Stellen Sie sicher, dass Audacity auf die richtige Klangquelle «hört»: Ob dem so ist und die Tonübertragung zwischen Stereoanlage und Computer klappt, testen Sie am besten über die PC-Lautsprecher: Die auf der Stereoanlage wiedergegebene Musik muss am Computer zu hören sein.

Falls nichts zu hören ist, gilt es in einem ersten Schritt sicherzustellen, dass die Wiedergabe für den «Line-In» eingeschaltet ist. Öffnen Sie dazu die Windows-Lautstärkeregelung, indem Sie auf das Lautsprecher-Symbol im Windows-Infobereich (rechts unten bei der Uhr) doppelklicken. Falls dort das Lautsprecher-Symbol fehlt, können Sie die Lautstäre-Regler auch anzeigen lassen, indem Sie über «Start > Ausführen» gehen, «sndvol32» eingeben und auf «OK» klicken. Stellen Sie sicher, dass der Regler für «Line-In» hochgezogen und der Ton nicht ausgeschaltet ist (die Option «Ton aus» darf nicht angekreuzt sein).

Sollte das die Lautsprecher noch nicht zum Leben erweckt haben, müssen Sie den «Line-In»-Eingang einschalten. Dazu betätigen Sie in der Lautstärkeregelung den Befehl «Optionen > Eigenschaften», dann «Lautstärke regeln für»: «Aufnahme». Der Regler «Line-In» steuert (in aller Regel) das Eingangssignal der Stereoanlage. Er sollte so eingerichtet werden, dass der Ton der Stereoanlage nicht verzerrt zu hören ist, aber auch nicht zu leise. Das Häkchen «Ton Aus» darf nicht angeklickt sein, sonst ist nichts zu hören (bei manchen Soundtreibern steht die Option «Auswählen» zur Verfügung – dann wiederum muss ein Häkchen gesetzt werden).

Hat das noch immer nicht geholfen, überprüfen Sie, ob Computer und Stereoanlage richtig verkabelt sind. Im «Eigenschaften»-Fenster der Windows-Lautstärkeregelung stehen bei «Mixer» unter Umständen verschiedene Treiber zur Auswahl: Ggf. finden Sie nach dem Verfahren von Versuch und Irrtum heraus, welcher sich als passend erweist. Falls der Lautstärkeregler für «Line-In» fehlt, blenden Sie in ebenfalls im «Eigenschaften»-Fenster ein, und zwar bei «Folgende Lautstärkeregler anzeigen«. Auch hier gilt: Probieren Sie im Zweifelsfall, mit welchem der zur Verfügung stehenden Regler es klappt.

Audacity konfigurieren: Auch Audacity hält Einstellungen zu der Signalquelle bereit. Diese sind aber deutlich einfacher zu treffen, als für Windows. Wählen Sie den Befehl «Datei > Einstellungen», dann den Reiter «Audio E/A». Unter «Wiedergabe > Gerät» und «Aufnahme > Gerät» muss hier der gleiche Treiber stehen, der auch bei der Windows-Konfiguration in der Windows-Lautstärkeregelung gewählt wurde. Bei «Kanäle» stellen Sie die Option «2 (Stereo)» ein. In der Auswahlliste rechts vom Aufnahmelautstärkeregler stehen die Aufnahmequellen zur Auswahl. Hier wählen Sie, falls vorhanden, die Einstellung «Line-In». Ansonsten klappts auch mit «Summe» (oder ähnlich) – dann müssen Sie allerdings darauf achten, dass der Computer keine Signaltöne produziert, da diese auch mit aufgezeichnet würden.

Nun kanns losgehen: Zu achten ist allerdings noch darauf, dass Sie auch in Audacity die Lautstärke aussteuern können. Dazu steht in der Leiste «Mixer» der Regler «Aufnahmelautstärke» (mit dem Mikrofon-Symbol) zur Verfügung. Auch hier sollten Sie darauf achten, dass die Aufnahme laut genug, aber nicht verzerrt ist.

Tipps zu Audacity

Nachbearbeiten der Aufnahmen: Um aus einer kontinuierlichen Aufnahme einer ganzen Schallplatten- oder Kassetten-Seite die einzelnen Songs als separate Musikdateien zu exportieren, gehen Sie am besten wie folgt vor: Markieren Sie in der Tonspur per Maus einen Song. Die Stille zwischen den einzelnen Titeln daran zu erkennen, dass in der Anzeige der Tonspur die blaue Linie nicht oder kaum ausschlägt. Benutzen Sie dann den Befehl «Datei > Auswahl exportieren als WAV» (ideal, wenn Sie Audio-CDs brennen wollen) oder «Auswahl exportieren als MP3».

Export als MP3: Audacity nimmt standardmässig im (unkomprimierten) WAV-Format auf. Dieses ist ideal, wenn Sie von Ihren Platten und Kassetten Audio-CDs brennen wollen – es bietet die grösste Qualität. Falls Sie MP3-Dateien erstellen möchten, können Sie, falls vorhanden, ein Programm zum Konvertieren nach MP3 oder einem anderen Format benutzen. Audacity kann aus lizenzrechtlichen Gründen standardmässig keine MP3-Dateien speichern. Unter dem Stichwort «MP3» ist in der Hilfedatei aber beschrieben, wie diese Funktion nachgerüstet werden kann.

Audacity erlaubt es, die Aufzeichnungen in vielfältiger Weise zu bearbeiten. Die Hilfedatei weitere Hinweise. Ebenfalls empfehlenswert: Die Informationen auf der Website unter http://audacity.sourceforge.net/tutorials.php.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 8. November 2004

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