Linux-Programme auf dem Mac

Linux-Anwendungen laufen auch auf dem Mac. Den Apple-Anwendern steht ein riesiges Angebot an kostenloser Open-Source-Software offen.

Von Matthias Schüssler

Oberflächlich gesehen, ist das Mac OS X einmalig. Das Betriebssystem bietet einen attraktiveren Desktop als Windows. Das freie Betriebssystem Linux kann mit seinem Design des Arbeitsumfeldes schon gar nicht mithalten. Doch trotz der fehlenden optischen Ähnlichkeit gibt es eine nahe Verwandtschaft zwischen Apples Systemsoftware und Linux. Der Unterbau des Mac OS X basiert auf FreeBSD, einem Unix-System, das an der Universität von Berkeley in Kalifornien entwickelt wurde. Die Abstammung von FreeBSD macht Linux und Mac OS zu Geschwistern, denn Linux hat ebenfalls eine Unix-Architektur.

Unix gilt als sicher und ist weit herum – sprich: ausserhalb des Microsoft-Universums – bestens etabliert. Diese Vorzüge erbt das seit 2000 erhältliche Mac OS X von seinem Stammvater. Und dank FreeBSD ist Apples Betriebssystem in der Lage, auch Linux-Programme auszuführen. Die Mac-Anwender können sich aus dem riesigen Fundus bedienen, den die Linux-Entwickler im Internet bereitstellen. Die Palette der kostenlosen Open-Source-Programme reicht von Textverarbeitungen wie Abiword über Tabellenkalkulationen à la Gnumeric bis zu Spielen und Grafikprogrammen (siehe Screens) und wissenschaftlichen Tools oder Multimedia.

Es werde Linux

Ohne weiteres freunden sich Linux-Programme aber nicht mit dem Apple-Computer an. Damit sich ein Linux-Programm auf dem Mac wohl fühlt, müssen erst die richtigen Bedingungen geschaffen werden. Wichtigste Voraussetzung ist ein Fenstermanager. Diese Software stellt die grafischen Elemente eines Programms am Bildschirm dar: Fenster, Schaltflächen, Bildlaufleisten etc. Auch unter Linux gibt es verschiedene Fenstermanager – daher können Linux-Programme unterschiedlich aussehen, je nachdem welcher Fenstermanager betrieben wird. Apple hat einen Fenstermanager entwickelt. Dieser heisst X11 und wird standardmässig nicht installiert. Er ist auf der Installations-CD mit den optionalen Systemkomponenten oder im Internet zu finden:
www.apple.com/macosx/features/x11

Damit das Linux-Maskottchen Tux den Apfel erobern kann, braucht es eine weitere Komponente: Fink, ein spezielles Installationsprogramm. Es lädt und installiert Linux-Programme mit allen Programmbibliotheken. Bibliotheken enthalten Funktionen, die von vielen Programmen gemeinsam genutzt werden. Diese Erweiterungen fehlen auf dem Mac OS X in aller Regel, sodass Fink je nach Programm eine Menge Bibliotheken laden muss. Eine schnelle Internetverbindung lohnt sich! Sind die Bibliotheken vorhanden, brauchen sie kein zweites Mal geladen zu werden – je mehr Programme, desto schneller geht der Download. Der Link zu Fink: http://fink.sourceforge.net

Die Arbeit mit Fink wird deutlich angenehmer, wenn FinkCommander zum Einsatz kommt. Dieses Programm stattet Fink mit einer bequemen Programmoberfläche aus, denn Fink selbst wird, ganz in Unix-Manier, in einem Textfenster benutzt.

Ist FinkCommander installiert, kann das lustvolle Stöbern losgehen: Durch Blättern in der Liste, durch Wahl einer Kategorie oder durch die Eingabe eines Stichworts sichtet man das Angebot. Hat man ein viel versprechendes Programm gefunden, dann gelangt es über den Menübefehl «Binär > Install» auf den Computer – Fink lädt selbsttätig herunter und wickelt die Installation ab. Hat alles geklappt, darf man das neue Programm ausprobieren: Es ist unter «Macintosh HD > sw > bin» zu finden; ein Doppelklick auf das Icon startet es.

Die Adresse von FinkCommander: http://finkcommander.sourceforge.net

Das Experiment ist ungefährlich

Die meisten Linux-Programme bereiten auch auf dem Mac keine Probleme. Es kann aber doch vorkommen, dass eine Software mit der ungewohnten Umgebung ihre Mühe hat – dann wirds kompliziert, denn die Problembehandlung bei Linux ist für unerfahrene Anwender schwierig. Oft sind im Internet Lösungswege zu finden. «Gefährlich» ist das Experiment der Linux-Anwendungen aber nicht – die Linux-Programme stecken, abgetrennt vom normalen Betriebssystem, im Ordner «Macintosh HD > sw». Löscht man diesen Ordner, ist das Linux-Experiment beendet.

Von der grossen Linux-Welt profitieren auch Anwender, die sich nicht auf diesem neuen Terrain bewegen möchten. Mac OS X enthält viele Komponenten aus der Open-Source-Welt, die Apple angepasst hat. Ohne freie Software könnten Mac-OS-X-Anwender weder Dokumente ausdrucken noch mit Windows-Computern Daten austauschen: Ohne freie Software gäbe es kein Mac OS X.

Mehr Informationen und viele Tipps zum Thema bietet Andreas Heer in seinem Buch «Panther für Profis» (Midas-Verlag).

SCREENS TA

Linux-Highlights auf dem Mac: Grafikeditor, Textverarbeitung, Spiele und eine Tabellenkalkulation.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 9. August 2004

Rubrik und Tags:

Faksimile

Metadaten
Thema: Zweitgeschichte
Nr: 5512
Ausgabe:
Anzahl Subthemen: 1

Obsolete Datenfelder
Bilder: 4
Textlänge: 480
Ort:
Tabb: FALSCH