Wie XML es schafft, dass Programme sich verstehen

Immer mehr Programme lernen eine gemeinsame Sprache und können dank ihr Daten austauschen.

Von Matthias Schüssler

Bis jetzt kochten die meisten Softwarehersteller ihr eigenes Süppchen, wenn es um die Art und Weise ging, wie Informationen in Daten umgewandelt, d. h. auf Festplatte gespeichert oder per Internet übertragen werden. Solche proprietären (nicht einem offenen Standard entsprechenden) Formate sind eigentliche «Daten-Gefängnisse»: Nur der Urheber einer Software weiss, mit welcher Entschlüsselung aus Daten wieder Informationen werden. Um ein Word-Dokument in einem anderen Programm zu öffnen, braucht es ein Übersetzungsprogramm. Wenn dieses fehlt, ist die Weiterverarbeitung nicht oder nur auf Umwegen möglich.

Mit fortschreitender Vernetzung werden proprietäre Formate zum Problem: Ein Unternehmen, das per Internet Waren verkauft, ist darauf angewiesen, dass sich das System für die Lagerhaltung mit dem Webserver unterhalten kann, damit der Kunde seine Bestellung auch erhält.

Daher entstand ein Bedürfnis für eine Lingua franca, eine Verkehrssprache für die Vermittlung der verschiedenen Systeme und Computerplattformen. Diese Rolle übernimmt die Extensible Markup Language (XML). Sie erlaubt es, Daten zu strukturieren und mit «Bedeutung» zu versehen. Ein Beispiel: Wird eine Literaturverwaltung in XML übersetzt, benennt ein Tag – eine Art Etikett – jede einzelne Informationseinheit. Der «Autor»-Tag identifiziert den Verfasser eines Werks, über den «Titel»-Tag wird der Name des Buches bezeichnet, ebenso der Verlag, das Erscheinungsjahr und so fort.

Aus Dateien werden Informationen

Da nun Word 2003 mit XML-Fähigkeiten ausgestattet ist, lässt sich innerhalb eines Word-Dokuments eine direkte Verbindung mit der Literaturdatenbank herstellen. Soll beispielsweise ein Rezensent eine Kritik zu einer Neuveröffentlichung verfassen, schickt man ihm die Word-Datei mit dem passenden Datenauszug zu. Hat der Rezensent seine Arbeit beendet, retourniert er die Datei, und die Änderung fliesst automatisch zurück in die Literaturdatenbank. XML vereinfacht in diesem Fall den Arbeitsablauf erheblich, weil es das Standardwerkzeug (die Textverarbeitung) ohne Umwege mit den Unternehmensdaten in Verbindung bringt: Die Informationen lagern nicht unzugänglich in einer Datei, sondern sind sofort wieder für das ganze Unternehmen verfügbar.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 20. Oktober 2003

Rubrik und Tags:

Faksimile

Metadaten
Thema: Hauptgeschichte Box
Nr: 4941
Ausgabe:
Anzahl Subthemen: 1

Obsolete Datenfelder
Bilder: 0
Textlänge: 160
Ort:
Tabb: FALSCH