Microsoft schaltet Chat ab

Kein Chatten mehr auf dem Internetportal MSN: Wegen steigenden Missbrauchs schliesst Microsoft die Kontaktforen.

Von Matthias Schüssler

Zürich. – Am 14. Oktober ist Schluss mit Plaudern auf Microsofts Website MSN. Microsoft schaltet seinen Chat ab, «wegen zunehmenden Missbrauchs», wie der Softwarekonzern verlauten lässt. Die Pressesprecherin von Microsoft Schweiz, Maja Sieber, konkretisiert: Die Benutzer der Onlinechats seien immer häufiger mit «unangemessenen Inhalten» konfrontiert worden. Einerseits werde die Belästigung durch Werbung in den Chaträumen immer grösser. Die so genannten Spammer, die per E-Mail nicht angeforderte Nachrichten im Internet streuen, benützten auch die Chats für die Verbreitung ihrer meist dubiosen Angebote.

«Sexuelles jeder Couleur»

Zu den unangemessenen Inhalten gehört laut Maja Sieber aber vor allem «Sexuelles jeder Couleur». Microsoft wolle nicht länger zusehen, wie Pädophile oder Rechtsextreme die Gesprächsforen frequentieren und an Kinder und Jugendliche herantreten. «Wir haben keine andere Lösung getroffen, weil es keine andere gibt», sagt Maja Sieber. «Es ist nicht möglich, Kontrolle auszuüben und gleichzeitig die Privatsphäre der Teilnehmer zu wahren.» In einem Chatraum können unbekannte Teilnehmer miteinander in Kontakt treten; eine Identifizierung findet nicht statt. Viele Betreiber anderer Chats lassen die Unterhaltungen von menschlichen Operators überwachen. Diese können allerdings nur die Gespräche in den öffentlichen Räumen verfolgen und haben keine Kenntnis, was in den geschlossenen Chatrooms passiert.

Maja Sieber bedauert den Verlust an Spontaneität, der durch die Schliessung des MSN-Chats entsteht, sieht darin aber auch ein positives Signal: «Das Internet wird erwachsener.» Microsoft propagiert als Ersatz der Chats den MSN Messenger, der als sicherer gilt, weil der Kontakt nur mit bekannten und handverlesenen Gesprächspartnern möglich ist. Kritiker vermuten denn auch, Microsoft wolle mit dem Entscheid den MSN Messenger pushen.

Nur noch in den USA und Japan

Betroffen sind insgesamt einige Hunderttausend MSN-Benutzer in der Schweiz, im übrigen Europa, im Nahen Osten, in Asien und in Kanada. Lediglich in den USA und in Japan bleibt der Chat offen, allerdings nur für zahlende Abonnenten.

Am Montag auf den «Digital»-Seiten: Sicherheit in Chats dank Chatoperators?

Quelle: Tages-Anzeiger, Donnerstag, 25. September 2003

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