Macromedia Studio MX 2004

Ein erster Blick auf Macromedias aufgebohrtes Internetstudio

Im September legt Macromedia eine neue Version seines Rundum-Glücklich-Pakets für die Gestaltung von Websites und -anwendungen auf: Studio MX 2004 bringt eine Menge Neuerungen, eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Anwendungen, einen neuen Flash-Player, aber auch eine Zwangsaktivierung à la Microsoft.

MATTHIAS SCHÜSSLER Studio MX erschien im Juni 2002 und entpuppte sich als Bestseller: Innert weniger Monate gingen 250 000 Exemplare über den Ladentisch; gut ein Jahr später hat Macromedia eine halbe Million Pakete verkauft. Demnächst geht dieser Verkaufsschlager in einer neuen Version an den Start.

Das Bundle aus neuen Versionen von Dreamweaver, Flash und Fireworks, der aktuell erhältlichen Fassung von Freehand und ColdFusion MX 6.1 Developer Edition wird den Namen Studio MX 2004 tragen. Nicht «Studio MX The next Generation», wie in einzelnen Dokumenten der Betaversionen noch zu lesen steht – und schon gar nicht «Studio NX», wie böse Zungen als folgerichtigen Evolutionsschritt vorgeschlagen haben. Natürlich ist dieser Spott ungerecht, denn Macromedia hat sich nicht «nix» einfallen lassen – im Gegenteil, die Liste mit den Neuerungen ist lang. Weshalb Macromedia das Ding «MX 2004» nennt, ist allerdings nicht nachvollziehbar; denn falls der angekündigte Fahrplan eingehalten werden kann, wird man das Produkt ab September 2003 kaufen können.

Studio MX 2004 ist im ersten Augenschein ein beeindruckendes Paket für Webentwickler. Die Spanne der Einsatzgebiete ist breit und reicht von der Erstellung statischer HTML-Seiten über die Konstruktion und Wartung datenbankbasierter Sites bis hin zu Webapplikationen mit Flash.

Breitseite an neuen Features

Die Neuerungen sind breit gefächert, nebst Veränderungen an der Benutzeroberfläche, (wenigen) neuen Kreativwerkzeugen, mehr Importformaten, darunter auch PDF, hat Macromedia eine Stärke von Studio MX in der neuen Version weiter ausgebaut: die Integration der verschiedenen Programme. Die Site-Verwaltung steht allen Programmen zur Verfügung und die Workflow-Kontrolle, das Aus- oder Einchecken von Dokumenten bei der Teamarbeit wird zentral gehandhabt. Ein anderes Beispiel ist die Möglichkeit, innerhalb von Dreamweaver Bilder mit Fireworks’ Rückendeckung direkt auf der Seite zu beschneiden, skalieren und rotieren, ausserdem zu schärfen und im Kontrast anzupassen. Wenn für eine kleine Modifikation am Bild keine Grafiksoftware bemüht werden muss, spart das Zeit. In der Betaphase herrschen aber noch Spannungen unter den Familienmitgliedern: Dreamweaver stürzt bei Drag-und-Drop-Aktionen mit Flash regelmässig ab. Diese Möglichkeit soll es laut Macromedia Webdesignern mit wenig Flash-Erfahrung erleichtern, Flash-Objekte in ihre Seiten zu integrieren und per «Tag»-Editor zu konfigurieren.

Überzeugend ist, was sich Macromedia zu den Cascading Style Sheets hat einfallen lassen. Zum einen hat Dreamweaver eine Palette in petto, die genau zeigt, welche CSS-Stildefinitionen auf das markierte Element wirken – das hilft selbst CSS-Profis, Widersprüchen in den Stildefinitionen auf die Schliche zu kommen oder das Erscheinungsbild einer Site zu entwickeln. Gern gewöhnt man sich auch an die Möglichkeit, eine neue Stilvorlage gleich mit einem Codegerüst für Schriftdefinition oder Seitenlayout auszustatten. Der neue Flash-Player kann auf die CSS-Dateien zugreifen, die einer Website zugrunde liegen, sodass beispielsweise die Textauszeichnungen sowohl in Flash-Elementen als auch auf HTML-Seiten von der gleichen Vorlage gesteuert werden.

Wer hat an der Uhr gedreht…

Bei den kreativen Werkzeugen hat vor allem Fireworks profitiert: Das Werkzeug für Autoformen lässt den Benutzer grafische Symbole platzieren und diese dann raffiniert anpassen: Die Autoform-Uhr lässt sich auf die gewünschte Uhrzeit einstellen, indem man sie entweder nach einem Doppelklick in ein Eingabefeld tippt oder einfach an den Zeigern dreht.

Eine augenfällige Neuerung ist der Startbildschirm, den alle drei Anwendungen bei Arbeitsbeginn anzeigen. Was sie damit genau bezwecken, bleibt unklar. Viel mehr als eine neue Datei anzulegen oder eine bestehende zu öffnen, lässt sich mit diesem Fenster nicht anstellen. Ein «intelligenter» Assistent als Einstiegshilfe wäre der Komplexität der Software angemessener.

Mit Flash MX 2004 muss Macromedia auch einen neuen Player unter die Leute bringen. Die gute Nachricht: Die Version 7 soll einen gewaltigen Geschwindigkeitsschub bei der Anzeige der Filme bringen, verspricht der Hersteller. Aus Sicht der Surfer sind die Updatezyklen Macromedias’ viel zu kurz. Das gern ins Feld geführte Argument, 98 Prozent aller Desktopcomputer seien für Flash gerüstet, dürfte nicht zutreffen, wenn man nur die aktuelle Version, den Flash-Player 6, in Betracht zieht.

Die Performance der Programme war in unserem ersten Augenschein nicht berauschend; unter MacOSX bekommt man ständig den «Lollipop»-Mauszeiger zu sehen. Die finale Version sollte den Computer nicht derart in Bedrängnis bringen.

Nebst dem Spleen mit Namenszusätzen, die dank eines «X» cool und geheimnisvoll klingen sollen, hat Macromedia eine weitere Microsoft-Errungenschaft für sich entdeckt. Erstmals in Contribute eingesetzt, muss auch Studio MX 2004 wie Windows XP oder Microsoft Office XP aktiviert werden. Diese Freischaltung klappte in unserem Betatest zwar reibungslos, ist aber dennoch eine Zumutung für einen Anwender, der ein Produkt für viel Geld erstanden hat.

Quelle: Publisher, Freitag, 15. August 2003

Rubrik und Tags:

Faksimile

Metadaten
Thema: Web-Publishing
Nr: 5032
Ausgabe: 03-4
Anzahl Subthemen: 2

Obsolete Datenfelder
Bilder: 6
Textlänge: 850
Ort:
Tabb: FALSCH