Wer aus dem Funkloch pfeift

Von Matthias Schüssler

Nach wie vor wird reich beschenkt, wer seine Unterschrift unter einen Handyvertrag setzt. Obschon nur Gelegenheits-Mobiltelefonierer, gab ich meine Orange-Prepaid-Karte kürzlich zu Gunsten eines Economy-Abos des gleichen Anbieters auf. Meine Entscheidungsfreudigkeit belohnte das Lausanner Telko-Unternehmen, resp. dessen Vertreter an der Roadshow im Bahnhof Stadelhofen, umgehend mit einem Nokia 3310, und weil Weihnachten nahte, gabs obendrein eine Casio-G-Shock. Als Benützer eines Siemens-Handy und stolzer Träger eines hier zu Lande gefertigten Zeitmessers leistete ich Gegenwehr, zugegebenermassen nur halbherzig. Folge: In der Tasche trug ich die Präsenteflut nach Hause und im Herzen das warme Gefühl, von «meinem» Telko-Anbieter geliebt zu werden.

Ein Trugschluss. Dass Orange sein Business nicht allein meinetwegen betreibt, zeigte ein erster Anruf beim «Customer Care»: Nein, die Umschaltung auf das Abo könne nicht wie versprochen innert 36 Stunden erfolgen, der Andrang sei gross, es dauere eine Woche. Na gut. Orange war grosszügig, da will ich nicht kleinmütig sein. Nach erduldeter Wochenfrist und offensichtlich erfolgter Umschaltung wars vorbei mit der Mobiltelefoniererei; mein Handy durfte sich nicht mehr ins Orange-Netz einbuchen. Dabei hatte der Mann an der Roadshow beteuert, von Prepaid zu einem Abo zu wechseln und die Nummer zu behalten, sei «absolut kein Problem».

Ein neuerlicher Anruf beim «Customer Care» war fällig: Sofort ortete der Supporter einen Defekt bei der SIM-Karte und liess sich auch von Einwänden des Kunden nicht zu einer Neubeurteilung der Lage bewegen: laute Worte waren die Folge. Immerhin sollte innert vierundzwanzig Stunden eine Ersatz-SIM-Karte das Problem beheben. Eine unzutreffende Aussage, die einen weiteren Hotline-Anruf nötig machte: Dieses Mal war eine verständnisvolle Frau am Draht, die jedoch leider gar nichts für den Kunden tun konnte – dem es seinerseits nicht gelang, das einzig Richtige zu tun und seine Unerreichbarkeit zu geniessen.

Einige mobilfunklose Tage später brachte ein nächster Anruf an den Tag, dass eine Fehlinformation schuld an der Sache war: Nicht die alte SIM-Karte wird fürs Abo benötigt, sondern die neue wird auf die alte Nummer umprogrammiert – ein Umstand, der weder den Support- noch dem Roadshow-Mitarbeiter geläufig war.

Verdriesslich, die gestörte Kommunikation mit dem Kommunikationsunternehmen. Eine lückenlose Netzabdeckung und die Ausrottung des hinterletzten Funklochs sind kein Garant für Verständigung. Und wenn man kein Gehör findet, mitnichten ein Trost.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 7. Januar 2002

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Thema: Monitor
Nr: 3917
Ausgabe: 02-107
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