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Kalorienreduzierte Bilderpower in edler Verpackung

Photoshop LE ist passé – an seine Stelle tritt Photoshop Elements, der weniger Funktionen, dafür mehr Bedienungskomfort als der originale Photoshop bieten wird.«Photo­shop Elements» heisst das jüngste Mitglied der inzwischen einigermas­sen un­über­sichtlichen Produktepalette, wel­che der kalifornische Softwareriese im Bereich Bildbearbeitung anzubieten hat. Photoshop Elements? Ist das die Billigversion des edlen Photoshops, die ähnlich wie ein Ikea-Gestell erst vom Benützer selbst zusammengebaut resp. -kompiliert werden muss?

Einmal installiert und aufgestartet, zerstreut das Programm derlei Bedenken – Photoshop Elements wird nicht in Einzelteilen geliefert; die Anwendung macht schon in der von uns getesteten Betaversion 1.0×67 einen guten und vor allem kompletten Eindruck. Der Name kam aller Wahrscheinlichkeit nach so zustande, dass das neue Produkt vom exzellenten Ruf des ungeschlagenen Bildbear­beitungs­­­königs profitieren soll, Adobe aber gleichzeitig eine beschönigende Umschreibung des bisher gültigen Zusatzes «Limited Edition», kurz LE, suchte.

Der neue Name macht aber durchaus Sinn: Photoshop Elements ist zwar der Nachfolger von Photoshop LE, aber er ist nicht mehr einfach eine abgespeckte Version des «grossen» Photoshops. Photoshop Elements verfügt über eine eigene Oberfläche, die sich markant von der des Vorbilds abhebt.

Photoshop-Screen-Elemente

Sofort nach dem Programmstart stechen diverse neue Bildschirmelemente ins Auge, die sich Adobe für den Einsteiger-Photoshop hat einfallen lassen. Unverkennbar ist die «Hint»-Palette, eine Art Weiterentwicklung des «Tipps des Tages», wie man ihn von diversen Microsoft-Programmen kennt. Die Hint-Palette reagiert, sobald der Benutzer mit der Maus über ein Werkzeug oder eine andere Palette fährt, indem sie Informationen zu diesem Objekt anzeigt. Dieses Hilfsmittel ist nicht nur schön gestaltet, sondern dürfte einem ungeübten Benützer wirklich gute Dienste leisten: Man erfährt so sehr schnell das Wichtigste über seine Arbeitsmittel, ohne ständig die Hilfe oder ein Handbuch bemühen zu müssen. Leider leidet die Hint-Palette noch an Kinderkrankheiten. So schafft man es nicht, im Hilfetext zu einem unbekannten Werkzeug nach unten zu scrollen, weil die Hint-Palette sofort die Hilfe über sich selbst anzeigt, sobald man sich mit der Maus am Scrollbalken zu schaffen macht. Dieses Verhalten, bei dem man sich als Benutzer innert Kürze verschaukelt vorkommt, dürfte aber in der finalen Version behoben sein.

Neue Paletten, neue Leisten

Nachdem schon in Photoshop 6 eine kontextsensitive Optionenpalette Einzug gehalten hat, setzt Adobe auch bei Photoshop Elements horizontal unter dem Hauptmenü klebende Leisten ein. Zusätzlich zu der Optionenpalette gibt es eine für die so genannten Short cuts. Sie versammelt, wie man sich das aus Office-Programmen gewohnt ist, Symbole zu den häufig verwendeten Befehlen fürs Speichern, Drucken oder Anlegen eines neuen Bildes. In der rechten Hälfte der Short-cut-Leiste findet man ein Dock für Paletten. An einer Art «Wäscheleine» sind die diversen Paletten aufgereiht. Damit sie den Bildschirm nicht total zuklatschen, ist normalerweise nur der kleine Reiter am oberen Ende der Palette zu sehen. Klickt man mit der Maus auf den Reiter, wird das eigentliche Werkzeugfenster quasi nach unten aufgeklappt, sodass man dessen Funktionen nützen kann. Praktisch ist, dass man sich danach nicht ums «Aufräumen» kümmern muss: Sobald man ein anderes Werkzeug benützt, rollt sich die Palette ohne Zutun des Benutzers ein und gibt den Blick auf den Bildschirm wieder frei. Möchte man eine Palette ständig offen halten, braucht man sie bloss aus dem Dock zu ziehen und irgendwo auf dem Bildschirm zu platzieren. Selbstverständlich kann man sie, wie von Adobe gewohnt, auch nach Belieben mit anderen Reiterpaletten gruppieren.

Dieses Dock macht Sinn. Kaum ein Anwender aus der Zielgruppe von Photoshop Elements besitzt einen Zwanzig-Zoll-Bildschirm oder einen zweiten Monitor für die Paletten. Auf einem kleinen Monitor kommen sich die vielen kleinen Werkzeuge ständig in die Quere oder verdecken ununterbrochen Bereiche des Dokuments, an dem der Benutzer eigentlich arbeiten wollte. In der Short-cut-Leiste angedockt, tun die Paletten das nicht und sind trotzdem jederzeit in Griffnähe. Aus diesem Grund sollte Adobe diese neueste Errungenschaft auch in die anderen Programme einbauen (in Photoshop 6 ist es bereits enthalten).

Neben bekannten Reitern wie dem Navigator, der Protokoll- oder der Info-Palette finden sich in Photoshop Elements diverse neue Werkzeuge. Auch die meisten dieser Neuzugänge sähe man gern in künftigen Versionen von Photoshop, Illustrator, InDesign und Co. Nützlich ist der «File Browser», der die Bilder eines Verzeichnisses als kleine Vorschauen anzeigt. Er macht es leicht, das gewünschte Bild aus einer grösseren Sammlung herauszupicken.

Adobe flirtet mit Betty Bossy

Neu sind auch die Filter- und Effektpaletten. Sie arbeiten mit kleinen Symbolbildchen, welche die Wirkungsweise des entsprechendes Befehls illustrieren. Teilweise enthalten die Paletten Befehle, die Photoshop-Benützer aus den entsprechenden Menüs kennen, zum Teil sind auch neue Befehle hinzugekommen. Diese richten sich vornehmlich an Heimanwender und führen Änderungen am Bild durch, die ein routinierter Photoshopper problemlos mit Standardwerkzeugen und -befehlen erzielen könnte. Stichworte dazu: das Bild mit einem lustigen Rahmen versehen, Texteffekte oder Texturierungen. Es drängt sich die Vermutung auf, dass hier versteckt Actions am Werk sind. Ändern lassen sich die Effekte nicht, ebenso wenig kann der Benutzer eigene Befehlsabläufe definieren.

Neu ist ein Werkzeug, das Adobe sinnigerweise «Man nehme»-Palette nennt. Sie zeigt, so einfach wie ein Rezeptbuch für kochende Männer, schrittweise, wie man gängige Bildmanipulationen vornimmt und beispielsweise die Farbe korrigiert oder ein Bild aufmotzt. Diese Art der Hilfestellung kennt man bereits aus PhotoDeluxe; in Photoshop Elements tritt sie angenehm dezent in Erscheinung.

ImageReady für Arme?

Erstaunlicherweise gibt es in Photoshop Elements relativ wenig typische Web-Funktionen. Die meisten sind aus Photoshop entlehnt. Zum einen hat man die Möglichkeit, mittels «Web-Galerie»-Befehl aus allen Bildern aus einem Ordner automatisch einen Katalog mit Über- und Grossansicht zu generieren. Auch die beliebte Funktion «Fürs Web speichern» hat den Weg in Photoshop Elements gefunden, allerdings ohne zusätzliche Hilfestellung für die mit Weboptimierung tendenziell eher überforderte Zielgruppe. Animierte GIFs öffnet Photoshop Elements als Bild mit mehreren Ebenen. Nicht verkehrt, aber für ungeübte Benutzer auch nicht übermässig hilfreich.

Als bisher nicht gesehene Funktion bringt Photoshop Elements lediglich das PhotoMerge-Modul: Es sammelt die Bilder eines Ordners, skaliert und arrangiert sie so, dass man die entstandene Collage beispielsweise als Hintergrund für eine Webseite einsetzen kann.

Für Webdesigner ist Photoshop Elements eine Enttäuschung: Etwas mehr positiven Einfluss von ImageReady hätte man sich auf alle Fälle gewünscht!

Gute Funktionen, aber…

Photoshop Elements ist ein Programm, das für Privat- und Büroanwender eine gerütteltes Mass an Bild­bear­bei­tungs­­po­wer bereithält – und dies zu einem attraktiven Preis. Adobe zeigt sich fürsorglich in der Benutzerunter­stützung, ohne nervige Gänge­lung durch aufdringliche Assistenten zu betreiben. Das neue Programm enthält wirklich hilfreiche Hilfsmittel, die ungeübten, aber engagierten Anwendern von Nutzen sein dürften. Darüber hinaus hat Adobe verschiedene Verbesserungen am User-Interface vorgenommen, die auch den Profiprogrammen gut anstehen würden. Besonders gut ist Adobe die Verpackung gelungen; Adobe hat das Programm hübsch eingewickelt, genauso, wie es Zuckerbäcker mit ihren süssesten Pralinées zu tun pflegen.

Trotz alledem ist Photoshop Elements kein Photoshop-Ersatz – nicht einmal ansatzweise. Adobe hat eine Menge Funktionen weggelassen, auf die ein Profi einfach nicht verzichten kann. Photoshop Elements kann nicht mit Vierfarbenbilder umgehen, unterstützt kein Farbmanagement, enthält nur wenig Möglichkeiten zur Bildkorrektur – noch nicht einmal eine simple Gradia­tionskurve darf man verändern. Wer Photoshop-Power will, muss auch künftig tief ins Portemonnaie greifen. n

Preis: 165 Franken; Verfügbarkeit: zweites Quartal 2001Weitere Infos: Adobe Systems GmbH, 8050 Zürich, Tel. 01 307 17 00, Fax 01 307 17 10, www.adobe.ch

Edel verpackt, aber längst nicht so süss wie das Original: Photoshop Elements ist die Light-Version für Preisbewusste.

Um dem Palettenchaos zu entgehen, hat Adobe Photoshop Elements eine praktische Dockingstation spendiert.

Die «Man-nehme»-Palette hilft unerfahrenen Bildbearbeitern bei elementaren Schritten..

Quelle: Publisher, Montag, 21. Mai 2001

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Metadaten
Thema: Bildbearbeitung
Nr: 3757
Ausgabe: 01-3
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