Fichen-Skandal

Von Matthias Schüssler

Letzte Woche hat die amerikanische Wettbewerbsbehörde ihre Ermittlungen gegen DoubleClick eingestellt: Der Verkäufer von Onlinewerbung habe die Privatsphäre der Surfer nicht verletzt, schreibt die Federal Trade Commission (FTC). Ein Entscheid, der aufhorchen lässt. DoubleClick ist alles andere als zimperlich beim Versuch, die Surfer möglichst umfassend zu fichieren. Laut Web-Sicherheitsexperte Richard M. Smith hat die Agentur bereits vor Jahresfrist rund 100 Millionen Cookies auf Surfstationen gespeichert. Diese Zahl legt nahe, dass ein Grossteil aller Web-Nutzer mit DoubleClick in Berührung kommt.

Über diese Cookies kann der Bannerverkäufer Surfer auseinander halten und kontrollieren, welche von ihm mit Werbung belieferte Seiten sich ein Web-Nutzer anschaut. Zum Bedauern der neugierigen Web-Agentur lassen sich mit Cookies keine persönlichen Angaben in Erfahrung bringen. Doch wenn der Betreiber einer Website die durch Wettbewerbe, Newsletter-Abos oder Onlineshopping gewonnenen, persönlichen Kundendaten weitergibt, dann bleibt in der Fiche keine Lücke mehr offen. Just zu diesem Zweck wollte DoubleClick vor einem Jahr Allianzen und eine Fusion eingehen und zog so die Wut der Datenschützer und die Aufmerksamkeit der Wettbewerbsbehörde auf sich.

Das Verfahren gegen DoubleClick ist jetzt eingestellt worden, weil die Agentur (in dieser Angelegenheit) zurückgekrebst ist und in den Surferfichen angeblich keine Namensangaben abspeichert. Ein schwacher Trost für die Fichierten; auch anonymisiert sind die Datenbestände umfassend. Für die Konsumenten wäre es wünschenswert gewesen, die FTC hätte den Informationshorter unmissverständlich in die Schranken gewiesen und der heimlichen Datensammlerei ein Ende gesetzt. Kommt hinzu, dass die Rechtsprechung in Bereich Datenschutz längst nicht so ausgereift ist wie die Data-Mining-Methoden einer DoubleClick.

Glücklicherweise ist man als Web-Benützer derlei Praktiken nicht total ausgeliefert. Mit der Löschtaste lässt sich die Verbindung zu solchen Datenbanken kappen – je mehr Surfer regelmässig die Werber-Cookies von der Festplatte putzen, desto mehr obsolete Daten hat DoubleClick in ihrem Hunderte von Terabyte fassenden Fichenschrank.

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 29. Januar 2001

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Thema: Monitor
Nr: 3611
Ausgabe: 01-129
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