X-Box gegen Sony & Co.

Letzten Freitag hat Microsoft Pläne für eine Spielkonsole angekündigt. Die X-Box soll Sony, Sega und Nintendo das Fürchten lehren.

Von Matthias Schüssler, London

Noch steht die X-Box längst nicht in den Läden: Microsoft hat letzten Freitag die technischen Spezifikationen der Konsole bekannt gegeben – marktreif sein wird sie aber frühestens in anderthalb Jahren. Bevor der Kampf um die Käufer beginnt, muss Microsoft erst auf einem anderen Feld Überzeugungsarbeit leisten und die Spielehersteller an Bord holen; den Ausschlag für oder gegen ein Produkt geben nämlich einzig Auswahl und Qualität der Games. An der Game Developers Conference in San Jose trat Bill Gates persönlich an, um den Schöpfern der immer realistischeren Traumwelten die X-Box schmackhaft zu machen. Gates› Hauptargument: Für die X-Box lassen sich schneller und günstiger Spiele entwickeln.

Die X-Box wird eine PC-Architektur haben und mit einem Intel-Prozessor arbeiten. Für die schnelle Grafikdarstellung mit mehr als dreihundert Millionen Polygonen pro Sekunde ist ein Grafikchip von Nvidia vorgesehen. Bei einer ersten Demo in London waren denn auch extrem detailreiche und flüssige Grafiken zu sehen, die nach Microsoft-Angaben zwischen doppelt und fünfmal so schnell wie die der neuen Sony Playstation 2 sein sollen, die in Japan bereits im Verkauf ist. Wie auf dieser sollen auf der X-Box DVD-Videos abgespielt werden können. Vorgesehen sind zudem vier Anschlüsse für Gamepads, 64 MB RAM, 8-GB-Festplatte und ein schneller Netzwerkanschluss.

Abgespecktes Windows

Als «Softwareuntersatz» für die Spiele dient ein abgespecktes Windows. Das Betriebssystem selbst wird aber nicht in Erscheinung treten. Es gibt auf der X-Box weder Startbutton noch Fenster und auch keinen Internet Explorer. Surfen wird man trotz Netzanbindung der Box nicht können. Ganz im Gegensatz zur Playstation 2 von Sony, die ab 2001 auch für Web-Spritztouren gerüstet sein wird.

Sonys Angriff auf Windows-PCs sehen viele Beobachter als den eigentlichen Grund für Microsofts Einstieg in den Videogame-Markt. John O’Rourke, Chef des Spielemarketings bei Microsoft, überhörte unschuldig die Frage, ob hinter der X-Box ein Gegenangriff auf Sonys multifunktionale Konsole stecke. O’Rourke will die X-Box ausschliesslich als Dienst an den Fans digitaler Spiele verstanden wissen: «Unsere Befragungen haben gezeigt, dass die Konsolenbesitzer nur eins im Sinn haben: Das perfekte Spielerlebnis!» Und das werde Microsoft bieten. Man werde zudem, so O’Rourke, bei der Einführung der X-Box ein riesiges Marketingfeuerwerk abbrennen: «Dagegen wird das Windows-95-Einführungsspektakel blass aussehen.»

Quelle: Tages-Anzeiger, Montag, 13. März 2000

Rubrik und Tags:

Faksimile

Metadaten
Thema: Microsoft X-Box
Nr: 435
Ausgabe: 00-313
Anzahl Subthemen: 1

Obsolete Datenfelder
Bilder: 0
Textlänge: 160
Ort:
Tabb: FALSCH