Import aus PageMaker und QuarkXPress:
Wunder sind keine zu erwarten

Ein Feature, dem für den Umstieg eine entscheidende Wichtigkeit zukommt, ist der Datei-Import: Wie gut kann InDesign mit PageMaker- und QuarkXPress-Dateien umgehen?

Nicht perfekt, aber brauchbar

Eins gleich vorneweg: Auch beim Import von PageMaker-Dateien, dessen Dateiformat Adobe in- und auswendig kennt, ist das InDesign-Dokument keine 1:1-Kopie der PM-Satzdatei. Dies ist nicht InDesigns Fehler – durch die anderen (verbesserten) Umbruchalgorithmen ist es nicht zu vermeiden, dass der Textfluss im neuen Programm abweicht (in InDesign fliesst der Text meist kürzer). Überdies arbeitet InDesign in vielen Bereichen anders als PageMaker; die entsprechenden Funktionen sind nicht vorhanden oder anders implementiert, sodass die InDesign-Variante allenfalls eine Annäherung ans Original sein kann. Ein Beispiel dafür ist die vertikale Ausrichtung von Text innerhalb eines Textrahmens, welche PageMaker in seinen Frame-Optionen zur Verfügung stellt: Diese Option ist in InDesign nicht vorhanden.

Mit Verlusten ist zu rechnen

Auch in anderen Bereichen unterscheiden sich importierte PM-Satzdateien vom Original: Die Textlage ist oft anders. InDesign importiert die Vorgabe in der PageMaker-Satzdatei zum Zeilenabstand (Schrift – Absatz – Abstände – Zeilenabstand) nicht. Erst wenn man unter Objekte – Textrahmenoptionen unter Grundlinie das Äquivalent zur PageMaker-Einstellung wählt, stimmt es einigermassen. Wenn Sie also bei PageMaker «Oberlänge» gesetzt haben, müssen Sie das in der InDesign-Satzdatei für jeden Textrahmen anpassen. Glücklicherweise brauchen Sie das nicht einzeln zu tun. Sie können vorgängig mit Bearbeiten – «Alles auswählen» operieren, sodass Sie die Vorgabe nur einmal ändern müssen.

Am meisten Arbeit dürfte die Registerhaltigkeit geben – hat man in seiner PageMaker-Satzdatei die Option «Nächster Absatz am Raster ausrichten» gewählt, wird das leider nicht auf die InDesign-Grundlinienraster-Ausrichtung übertragen: Hier ist Handarbeit angesagt. Schliesslich verursacht auch die unterschiedliche Arbeitsweise von PageMaker und InDesign in Sachen Konturenführung Abweichungen – wie Sie dieser Herr werden können, habe ich am Anfang dieses Workshops beschrieben.

Schliesslich müssen Sie bei Textblöcken innerhalb von Objekten mit Konturenführung von Hand die Textrahmenoption «Keine Konturenführung» setzen (auch dies ist weiter vorn ausführlicher beschrieben).

Mit KGB-Methoden hinter die Quark-Geheimnisse kommen

Betreffend QuarkXPress sind die Verhältnisse noch etwas komplizierter. Wie nicht anders zu erwarten, hat Quark sein Dateiformat dem Konkurrenten nicht offen gelegt; die Adobe-Entwickler waren daher gezwungen, dieses durch «reverse engineering» zu entschlüsseln. Trotz dieser Erschwernisse ist InDesigns Leistung beim Öffnen von XPress-Dokumenten solide. Andere Zeitschriften, wie beispielsweise die Macwelt 10/99 auf Seite 78 ff. gehen recht kritisch mit InDesign ins Gericht – unfair, wie wir finden: Macwelt bemängelt unter anderem, dass die Effekte einiger eingesetzter Plug-ins nicht übernommen werden. Die Kritikpunkte wie teilweise leicht versetzte Platzierungen von Textblöcken, nicht korrektes Umfliessen von Bildern und Ähnliches sind zwar richtig, aber aufgrund der unterschiedlichen Programmphilosophie kaum zu vermeiden.

Adobe hat auch nicht versprochen, InDesign würde fremde Dokumente hundertprozentig richtig einlesen können: Die Importfunktion hilft, bestehende Daten einzulesen und zu übernehmen; bevor in InDesign an alten Layouts (in den meisten Fällen vermutlich Vorlagedateien) weitergearbeitet werden kann, muss von Hand nachgebessert werden.

Dies ist nicht nur wegen kleiner Ungenauigkeiten beim Import nötig. Um die neuen Features von InDesign effizient auszunützen, wird man seine Arbeitsweise sowieso in manchen Bereichen umstellen müssen.

PageMaker-Anwender, die sich vorher um Rahmen foutiert haben, werden diese nun wohl oder übel in ihr Herz schliessen müssen. Ein mehrspaltiges Layout, das man in PageMaker über verkettete Frames oder Textblöcke realisiert hat, erstellt man in InDesign mit Vorteil mittels eines Rahmens und entsprechend definierter Spaltenzahl (vrgl. letzten publisher).

Matthias Schüssler

Quelle: Publisher, Montag, 1. November 1999

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Metadaten
Thema: Adobe InDesign
Nr: 353
Ausgabe: 99-5
Anzahl Subthemen: 2

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Tabb: FALSCH