Praxistest: Digitalkamera Minolta RD-175

Der Eisbrecher im Profi-Bereich?

Profi-Fotografen stehen der Entwicklung bei den Digitalkameras abwartend bis skeptisch gegenüber. Die Minolta RD-175 könnte diese Haltung ändern, denn diese Kamera verlangt auch Profis wenig Kompromissbereitschaft ab – und hat somit das Potential zum Eisbrecher im digitalen Profimarkt. – Ein Grafiker hat die Kamera für uns in der Praxis getestet.

Der Markt mit den Digitalkameras boomt. Laut Marktanalysten werden im Bereich der einlinsigen Kameras bereits heute mehr digitale als konventionelle Apparate verkauft; weltweit wurden letztes Jahr über zwei Millionen Digitalkameras abgesetzt. Im Home-Markt dürften die Digitalkameras zum diesjährigen Renner avancieren.

Pressefotografen skeptisch

Anders sieht das Bild im Profi-Bereich aus. Fotografen sind kaum bereit, bei einer Digitalkamera im Vergleich zur analogen Technik Abstriche in Kauf zu nehmen und springen nur zögerlich auf den digitalen Zug auf. Dabei ist meist nicht mangelnde Qualität der Hinderungsgrund. Schon Amateurkameras liefern hier gute Resultate. Hindernis für Fotografen im Dienst der tagesaktuellen Presse ist beispielsweise die lange Verarbeitungszeit, welche eine Digitalkamera braucht, um das Bild aufs interne Medium abzuspeichern. Billige Kameras sind nach dem Druck auf den Auslöser oft während mehreren Sekunden blockiert – für Sportfotografen sind schon Sekundenbruchteile nicht mehr akzeptabel. Andere Kameras fotografieren mit einiger Verzögerung, wodurch das Ablichten von bewegten Motiven zu einem Hasardspiel ausartet.

Mit ihr kommt echtes Spiegelreflex-Feeling auf

Die Minolta RD-175 sieht aus wie eine «richtige» Spiegelreflexkamera, sie liegt gut in der Hand und vermittelt auch beim Fotografieren das gewohnte «Spiegelreflex-Gefühl». Die Bedienung und Funktionsweise nötigt einem keinen Lernaufwand auf; wer mit einer semiprofessionellen Kamera umzugehen weiss, wird nicht viel dazulernen müssen.

Eine Kamera jedenfalls, bei der man keine Bedenken hat, sie gleich ohne Netz und doppelten Boden im Praxiseinsatz zu testen. Grafiker René Habermacher hat dies für uns getan.

Test unter Ernstfallbedingungen

Die Ausgangslage: An einem Seminar des «Uhu-Sales-Star-Club» ging es darum, für den tagenden Verein ein Erscheinungsbild zu entwickeln. Die Club-Mitglieder konnten mit verschiedenen Materialien und dem firmeneigenen Klebstoff eine Collage im Format 1×1 Meter kreieren, von der Habermacher dann einzelne Ausschnitte fotografierte und diese als Gestaltungselemente im Briefpapier verwendete. Die Mitglieder nahmen via Videoprojektor am Entstehungsprozess teil, denn die Bilder wurden vor Ort in den Computer eingelesen und weiterverarbeitet. Am Schluss der Veranstaltung konnten die Anwesenden aus drei Vorschlägen den auswählen, welcher nun realisiert wurde.

Hauttöne: gut getroffen

Habermachers Fazit nach dem Kameraeinsatz: Die RD-175 ist einfach im Handling und liefert hervorragende Bilder: «Die Farbechtheit der Fotos ist erstaunlich, Hauttöne werden sehr gut wiedergegeben». Der Kontrast ist sehr gut, auch dunkle Bildpartien bleiben detailreich. Die drei Modi des Autofocus haben sich bei Habermachers Arbeit bewährt. Allerdings: «Die Kamera ist ziemlich schwer und man stellt sich öfters die Frage: Reicht der Akku?». Alles in allem: «Man kann mit der RD-175 wie mit einer konventionellen Spiegelreflex arbeiten». Mit der Einschränkung, dass man wissen muss, wie der Weissabgleich funktioniert – «aber das ist eine Frage der Erfahrung», so René Habermacher.

Auch die technischen Daten der Kamera bestätigen den guten Eindruck. Die Kommunikation mit dem Rechner findet nicht wie bei preiswerteren Kameras über die langsame serielle Schnittstelle statt, sondern über einen SCSI-2-Anschluss. Hat man beim Anschalten der Kamera den «Mode»-Knopf gedrückt, dann befindet sich diese im Kommunikationsmodus; das PCMCIA-Laufwerk erscheint dann im Explorer oder Finder als eigenes Laufwerk.

Das Laufwerk bietet in der Standardausführung Platz für 113 Bilder, ohne dass ein Festplattenwechsel nötig wird.

Die Kamera arbeitet mit einem speziellen Dreifach-CCD, der besonders sensibel auf Grüntöne reagiert (zwei CCDs für Grün, einer für Rot und Blau). Dies führt laut Minolta zu einer besonders realistischen Farbpräsentation, da das menschliche Auge Grüntöne besonders gut auseinanderhalten kann. Diese Spezialität führt dazu, dass die Kamera die Bilder intern in einem eigenen, kompakten Format speichert. Die Umwandlung geschieht durch ein Photoshop-Plug-In; direkt ab Laufwerk können die Bilder nicht geöffnet werden. Das Plug-In bietet nebst der Konvertierung die Möglichkeit zum Schärfen und zur Gamma-Korrektur. Umgewandelt sind die Bilder rund fünf Megabyte gross und von sehr guter Qualität.

Quelle: Publisher, Sonntag, 1. Februar 1998

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Metadaten
Thema: Test Digitalkamera Minolta RD-175
Nr: 190
Ausgabe: 98-1
Anzahl Subthemen: 1

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