Wiesendangen: Ausserordentliche Generalversammlung beschliesst Fusion mit der KGW

Fast einstimmig beerdigten die Wiesendanger ihre Krankenkasse

Am 16. April 1906 wurde sie gegründet, am 8. November 1996 beerdigt: Die Krankenkasse Wiesendangen (KKW). Mit 91 Ja- gegen zwei Neinstimmen und mit zwei Enthaltungen beschlossen die Mitglieder an der ausserordentlichen Generalversammlung die Fusion mit der Krankenkasse der Gewerbetreibenden Winterthur (KGW). Der KKW ist ihr eigener Erfolg um Verhängnis geworden – und das neue Krankenversicherungsgesetz (KVG).

(msc) Viele der 95 Wiesendanger, die sich zur ausserordentlichen Versammlung in der Wisenthalle eingefunden hatten, waren ältere Semester und schon seit vielen Jahrzehnten durch die «eigene» Krankenkasse versichert. So fiel der Entscheid zur Fusion mit der Krankenkasse der Gewerbetreibenden Winterthur sichtlich schwer, obwohl es in der Sache wenig Einwände gab. Ein ehemaliges Vorstandsmitglied sprach sich deutlich für ein Ja zur Fusion aus und meinte, der amtierende Vorstand habe einen guten Partner gefunden. «Dennoch habe ich für den heutigen Anlass eine schwarze Krawatte umgebunden!» sagte der Votant, der sein Meinungsäusserung mit Anekdoten aus der Geschichte der KKW eingeleitet hatte. Und ein weiterer älterer Herr doppelte nach: «Es bringt zwar nichts, das jetzt noch zu sagen – aber der Grund für diese Beerdigung heute abend ist die Annahme des Krankenkassengesetzes KGV durch das Schweizer Stimmvolk!»

Zu billige Prämien

Kritik am Fusionsvorschlag kam denn vor allem von jüngeren Mitgliedern, denen weniger die KKW als vielmehr die billigen Prämien am Herzen lagen. «Man hätte die Krankenkasse Wiesendangen für die Grundversicherung weiterführen, und für die Zusatzversicherungen einen Partner suchen können!» beschwor ein jüngerer Herr die Versammlung. Doch Jürg Allenspach, der Geschäftsführer der KGW und Vizepräsident der Innova-Versicherungen AG, welche für vier Krankenkassen die Zusatzversicherungen abwickelt, verneinte dies. Für diese Form der Zusammenarbeit seien 5000 Mitglieder das Minimum, doch die KKW betreut rund zehnmal weniger Versicherte. Auch der zweite Vorschlag, «noch ein, zwei Jahre abzuwarten», wurde als untauglich eingestuft. Zwar sei die Finanzlage der KKW gut, doch hätte sich das Verhältnis von Reserven und Mitgliederzahl schon bei wenigen hundert Neueintritten bedrohlich verschlechtert. Und weil der Wiesendanger Versicherer dank den günstigen Prämien eine der attraktivsten Kassen der Region sei, hätte es leicht zu einem Ansturm von Umsteigewilligen kommen können, die alle hätten aufgenommen werden müssen. «Jeder Monat des Zuwartens hätte unsere Position verschlechtert», sagte der Präsident der KKW, Hansjörg Tschümperlin. Später wäre es kaum mehr möglich gewesen, zu solch guten Konditionen wie sie die KKG gewähre, unterzukommen, ergänzte Tschümperlin.

Traumhochzeit

In sechs Kategorien habe man bei der «Partnerwahl» die Kandidaten unter die Lupe genommen und in allen Bereichen habe die Krankenkasse der Gewerbetreibenden Winterthur mit guten bis sehr guten Noten bestanden. Am wichtigsten für die 594 Mitglieder der KKW ist sicherlich die volle Anrechnung der bisherigen Mitglieddauer durch die KGW. Auch beim Abgleich der Vermögen habe sich die KGW grosszügig gezeigt, denn man habe ausschliesslich die ausgewiesenen Reserven verglichen, sagte Allenspach. Hätte man auch die Stillen Reserven in den Vergleich miteinbezogen, hätte die KKW nicht so gut abgeschnitten, denn sie hat im Gegensatz zu der Winterthurer Kasse keine solchen Reserven. Dank der gewählten Berechnungsart sind die Pro-Kopf-Reserven der Wiesendanger höher und deshalb erhalten sie während dreier Jahre einen Fusionsrabatt auf die Grundprämie. Dieser beträgt für Erwachsene 12.50 und für Kinder 6.50 im Monat. Gefallen hätten schliesslich auch flexiblen Verwaltungsstrukturen der KGW, sagte Tschümperlin, ausserdem seien Winterthurer mit «ein bisschen Herzblut» bei der Sache. Ganz im Gegensatz zu gewissen anderen Kassen, die nur am schnellen Geld interessiert seien.

Doch auch für die Krankenkasse der Gewerbetreibenden Winterthur ist die nun geschlossene Verbindung vorteilhaft, betonte der Präsident des Stiftungsrates, Werner Lyrenmann, der Stiftungsrat der KGW habe sich einstimmig für die Fusion ausgesprochen. Insbesondere die gute Altersstruktur und die solide Finanzlage habe sie zur Fusion bewogen. «Natürlich ist eine Fusion der einfachere Weg die Mitgliederzahl zu erhöhen, als jedes neue Mitglied einzeln zu werben», sagte Lyrenmann.

Abschlussfeier

Tschümperlin erklärte im Anschluss an die Abstimmung das weitere Vorgehen und Allenspach machte der Verwalterin der KKW, Ursula Mörgeli, das Angebot, ab dem 1. Januar 1997 für die KGW zu arbeiten. Ausserdem erteilte die Mitgliederversammlung dem Stiftungsrat der KGW die Kompetenz zur Abnahme der Rechnung 95. In der letzten Abstimmung beschloss die Versammlung einstimmig, die 90-jährige Ära KKW mit einem feierlichen Anlass zu beschliessen.

Quelle: Der Landbote, Montag, 11. November 1996

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Thema: Fusion von KKW mit KGW
Nr: 108
Ausgabe: 96-262
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